Wolfgang Zwettler

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Die Staatsfinanzen laufen aus dem Ruder. Die Staatsschulden Österreichs betrugen Ende 2009 184.318 Millionen Euro und machten damit bereits zwei Drittel des Bruttoninlandprodukts (BIP) aus (Quelle Statistik Austria, BMF). Die Neuverschuldung überstieg 15 Milliarden Euro (3,5 Prozent) und die Maastricht Kriterien (60 Prozent, drei Prozent) rücken in weite Ferne.

Eine ansehnliche Tarifreform 2009 (Lohnsteuer minus zwei Milliarden Euro), zwei Konjunkturpakete (drei Milliarden Euro), ein Bankenhilfspaket und die Rezession werden den Schuldenstand auf über 70 Prozent des BIP im heurigen Jahr erhöhen. In Zeiten einer Wirtschaftskrise potenzieren sich die negativen Effekte. Weniger Steuereinnahmen, weniger Beschäftigte, weniger Kaufkraft, weniger Wirtschaftsleistung... eine kaum zu stoppende Negativspirale.

Das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) rechnet mit einer durchschnittlichen Steigerung der heimischen Wirtschaft von 1,8 Prozent für die nächsten fünf Jahre. Folgt man der Prognose des Staatsschuldenausschusses landen wir 2010 bei +1,1 Prozent und 2011 bei +1,5 Prozent. Viel zu wenig, um den Staatshaushalt in den Griff zu bekommen. Vielmehr wird die Neuverschuldung weiter ansteigen. Um 4,7 Prozent. sagt der Finanzminister, um 5,5 Prozent, meint Prof. Felderer und die Experten der OECD in Paris malen ein Schreckensbild von über sechs Prozent.

Sanieren, sanieren, sanieren,...

Die Bundesregierung zeigt sich ambitioniert, hat sie doch erst vor drei Wochen ein Stabilitätsprogramm beschlossen. Damit soll das Defizit im Jahr 2013 nur mehr 2,7 Prozent betragen. Um das zu erreichen müssen 5,8 Milliarden Euro eingespart werden.
Wenn aber die derzeit noch fast ausschließlich ausgabenseitige Budgetsanierung nicht ausreichen sollte, wird wohl über "ergänzende" Steuererhöhungen nachgedacht werden.

Weg von den Zahlen...

Sind Steuererhöhungen gerecht - oder ungerecht? Ganz schwer zu beantworten. Sozial gerecht - oder sozial ungerecht? Noch schwerer zu beantworten. Diese Fragestellung ergibt aber im Zusammenhang mit dem Begriff Steuererhöhung einen kaum zu lösenden Widerspruch. Wie kann eine Steuererhöhung gerecht, ja sozial gerecht sein? Doch niemals aus der Sicht der Betroffenen.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel bezeichnete in einer Budgetdebatte als gerecht, "was den Schwachen hilft". Unter diesem Aspekt ist auch die Frage nach der sozialen Gerechtigkeit einer Mehrwertsteuererhöhung zu beantworten. Richtig ist, dass die Erhöhung dieser Verbrauchssteuer den gesamten Konsum betrifft, egal ob mit besteuertem, nicht besteuertem oder unversteuertem Geld finanziert. Auf legaler Basis kann sich niemand der Mehrwertsteuer entziehen.

Nur als zynisch können aber jene bezeichnet werden, die meinen, der Einzelne könne durch Steuerung seines Konsums selbst bestimmen, wie hoch sein Steuerbeitrag sein soll. Wer sich mehr Konsum leisten könne, zahle somit auch höhere Steuern.

Es wird völlig vergessen, dass es einen wesentlichen Unterschied ausmacht, ob eine Familie zur Deckung ihres Lebensunterhaltes 100 Prozent oder vielleicht nur 50 Prozent des bestehenden Einkommens ausgeben muss. Die erste Familie wird klarerweise durch die Mehrwertsteuer im Verhältnis zum Einkommen stärker belastet sein als die zweite. Wenn man nur 783,89 Euro (Ausgleichzulagenrichtsatz für Alleinstehende) im Monat zur Verfügung hat, dann bewirkt jede Erhöhung der Mehrwertsteuer, dass in der Einkaufstasche weniger drinnen sein wird. Getroffen werden somit die sozial Schwachen. Was soll daran sozial gerecht sein? (Wolfgang Zwettler)