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Grigori Perelman löste das erste Millenniums-Problem.

Foto: AP/International Mathematicians Congress

Cambridge/Wien - Die Fields-Medaille ist so etwas wie der Nobelpreis der Mathematik. Geld gibt es zwar nur relativ wenig, nämlich 15.000 kanadische Dollar. Dafür wird die Auszeichnung nur alle vier Jahre vergeben.

Einer der vier bislang letzten Preisträger des Jahres 2006 war der russische Mathematiker Grigori Jakowlewitsch Perelman, der eines der Jahrhundertprobleme seines Fachs gelöst hat, nämlich die so genannte Poincaré-Vermutung. Bereits 2002 und 2003 hat der heute 43-Jährige seinen Beweis in Vorabveröffentlichungen auf der elektronischen Publikationsplattform arXiv vorgelegt. Auf eine Veröffentlichung in einem Fachjournal - eigentlich Bedingung für die Zuerkennung der Fields-Medaille - hat Perelman verzichtet.

Die vorgelegten Arbeiten wurden von der Fachwelt dennoch sofort ernst genommen. Gleich drei Spezialistenteams überprüften zwischen 2003 und 2006 den Beweis und äußerten sich letztlich positiv zu dessen Korrektheit. Mit der Fields-Medaille, die bei der internationalen Mathematikertagung in Madrid verliehen wurde, war das Anerkennungsverfahren dann quasi abgeschlossen. Einziger Fehler: Perelman nahm sie als erster Preisträger in der bis dahin 70-jährigen Geschichte des Preises nicht an.

Ein kolportierter Grund: Perelman erachtete die Jury des Preises für nicht kompetent genug. Zudem sei das Mathematikgenie über den Niedergang ethischer Normen in der Gesellschaft und der Mathematik betrübt, meinte ein Kollege, der mit Perelman zusammengearbeitet hatte.

Ansonsten weiß man vergleichsweise wenig über den als "schwierig" bis "faszinierend" beschriebenen Forscher. Seine Begabung zeigte sich schon als Schüler: 1982 etwa gewann er eine Goldmedaille bei der Internationalen Mathematik-Olympiade mit der Maximalpunktezahl. Nach seinem Studium in Sankt Petersburg und Post-Doc-Aufenthalten in der USA ging er trotz Angeboten einiger Top-Unis wieder zurück nach Russland, wo er 2003 seine letzte Stelle kündigte.

Es gab und gibt immer wieder Gerüchte, dass sich Perelman inzwischen ganz aus der Mathematik zurückgezogen hat. Angeblich wohnt er bei seiner Mutter in Sankt Petersburg und lebt von seinen Ersparnissen.

Die könnte er nun einfach aufbessern: indem er den Millenniums-Preis des Clay-Instituts annimmt, der ihm letzte Woche zugesprochen wurde. Das in Cambridge (USA) ansässige Institut hatte im Jahr 2000 insgesamt sieben mathematische Millennium-Probleme benannt und für deren Lösung je eine Million US-Dollar Preisgeld ausgesetzt.

Das erste "endgültig" gelöste Problem ist die von Perelman bewiesene Poincaré-Vermutung, wie das Clay-Institut nun nach weiteren Überprüfungen verlautbarte. Mit dem Pariser Institut Henri Poincaré will man das auf einer Konferenz im Juni feiern. Ob Perelman kommen und das Geld annehmen wird, ist nicht bekannt - und darf bezweifelt werden. (Klaus Taschwer/DER STANDARD, Printausgabe, 23. 3. 2010)