Graz - Wie sehr die Mathematik seit Jahrhunderten die Alltagssprache prägt hat, hat eine junge Forscherin am Institut für Germanistik der Universität Graz untersucht. Bei Michaela Pölzls Untersuchungen stellte sich heraus, dass die Welt der Zahlen dem Sprachgebrauch gar nicht so fremd ist, wie es vielen erscheinen mag.

"Faktum ist, wir kommen nicht an ihr vorbei, denn selbst wenn wir alles tun, um ihr zu entkommen, am Ende erwischt sie uns dort, wo wir sie am wenigsten erwarten: In der Sprache", sagt Pölzl. Sie hat jene Ausdrücke aufgespürt, die sich aus ihrer fachmathematischen Bedeutung gelöst haben und in die Alltagssprache eingewandert sind - und hat mehr als 200 gebräuchliche Begriffe und Redewendungen gefunden. "Die Quadratur des Kreises" versuchen, einen "Bruchteil" der Leistung erbringen, "eine ruhige Kugel schieben" oder etwas "hoch anrechnen" gehören ebenso dazu wie auf "Nummer sicher gehen", erklärt Pölzl.

"Daumen mal Pi"

"Besonders faszinierend war für mich, dass so viele Leute der naturwissenschaftlichen Disziplin mit großem Respekt gegenüberstehen, während eine Fülle von bildhaften Begriffen aus diesem Gebiet ganz locker verwendet wird", erklärt Pölzl. Etwa: "Eine Null" sein oder etwas "Daumen mal Pi" abzuschätzen, schildert die Germanistin. Den Großteil des mathematischen Alltagswortschatzes machen jedoch Zahlwörter aus. Wir sterben "tausend Tode", wenn wir uns sehr fürchten, schweben "im siebenten Himmel", wenn wir glücklich sind, oder lassen uns von "keinen zehn Pferden" an einen bestimmten Ort bringen.

"Die Zahlwörter verstärken viele Ausdrücke und befriedigen unser offensichtliches Bedürfnis, exakt und verbindlich zu sein, selbst wenn wir übertreiben", so Pölzl. Wenn es "fünf Meilen gegen den Wind" stinkt oder "im hohen Bogen" hinausfliegen sind entsprechende Beispiele.

Über 800 Jahre alte Redensarten

Die meisten Belege sind zwischen 1900 und 1945 entstanden, hat Pölzl analysiert. Doch seien einige Redewendungen bereits seit mittelhochdeutscher Zeit in Verwendung, wie zum Beispiel das "fünfte Rad am Wagen sein" und bei jemandem "alle Rippen zählen": Beide Redensarten sein über 800 Jahre alt. Die Auswertung habe auch gezeigt, dass ein Viertel einen humorvollen Unterton aufweisen: Redewendungen wie "die Radieschen von unten zählen" oder "die Augen auf Null stellen" würden zeigen, dass es möglich ist, durch mathematische Metaphern auch auf scherzhafte Weise ernste Themen anzusprechen. (red/APA)