Ian Kelly ist der neue amerikanische Botschafter bei der OSZE in Wien.

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Wien - Eine Tasse Kaffee in der einen Hand, die andere locker in der Hosentasche. Ian Kelly ist sehr entspannt im Umgang mit der Presse. Kein Wunder, der Mann hat Routine. Bis vor kurzem war er Sprecher des US-Außenministeriums in Washington, seit vergangener Woche vertritt er die USA als Botschafter bei der OSZE in Wien. Dem Standard gab Kelly sein erstes Interview in der neuen Funktion.

"Der größte Unterschied zwischen der Bush-Regierung und der jetzigen Administration ist der multilaterale Ansatz. Es gibt einen viel größeren Willen, Probleme über Organisationen wie die OSZE, die G20 oder andere zu lösen. Einbinden statt isolieren, so könnte die Devise lauten" , erklärt Kelly. Deswegen will der Botschafter auch Robert Kagans Beobachtung unlängst im Standard nicht gelten lassen, dass Barack Obama für einen realpolitisch viel bedeutsameren politischen "Neustart" mit Russland bereit sei, die Beziehungen zu Europa tiefer anzusetzen.

Kelly: "Nein, bei allem Respekt, da muss ich widersprechen." Europa bleibe ein enorm wichtiger Verbündeter der USA - in Afghanistan, im Kampf gegen den Klimawandel oder in Wirtschaftsfragen. Und in der OSZE würden die Europäer am aktivsten an der Verbreitung der Werte von Demokratie und Freiheit sowie einem übergreifenden Ansatz in Sicherheitsfragen mitarbeiten: "Wir sehen Europa als einen verstärkenden Faktor."

Seinen Auftrag in Wien beschreibt der Botschafter so: "Außenministerin Hillary Clinton hat mir die große Aufgabe übertragen, die OSZE zu revitalisieren. Das ist schwierig, weil es eine Organisation ist, die von den Ambitionen der Mitgliedsländer abhängt." Aber das signalisiere auch, dass die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa "von großem Wert für uns ist" . Washington schätze den übergreifenden Zugang zum Thema Sicherheit - im militärischen, wirtschaftlichen oder etwa Menschenrechtsbereich.

Im Umgang mit Russland sei klar, dass Moskau und Washington manche Dinge unterschiedlich sähen: "Aber das heißt ja nicht, dass wir nicht produktive Beziehungen haben können, ohne dass wir gleich unsere Prinzipien aufgeben müssen" , sagt Kelly. Was das für die Ränder der Einflusssphären der USA und Russlands - Stichwort Georgien - bedeutet? "Wir glauben an die territoriale Integrität Georgiens. Und wir müssen gleichzeitig transparent in unserer Kooperation mit Tiflis sein, um mögliche Verdächtigungen hintanzuhalten." Die Politik der USA habe sich unter Obama nicht geändert, wiewohl es natürlich einige Probleme Präsident Michail Saakaschwili gegeben habe.

Der Verhandlungsstand um einen neue europäische Sicherheitsarchitektur im "Korfu-Prozess" ist laut Kelly indes davon abhängig, wie denn die Nato in diesen Mechanismus eingepasst werden kann. Die Position der USA sei zudem, dass es für diese Sicherheitsarchitektur nicht unbedingt einen umfassenden Vertrag brauche.

Was für Washington dagegen unbedingt nötig ist, sei, dass die Russen ihre seit zwei Jahren währende Aussetzung des KSE-Vertrages über die konventionellen Streitkräfte in Europa wieder rückgängig machen. Kelly: "Das ist ein Problem für uns, speziell was die Transparenz und Kontrolle betrifft. Wenn es endlich einen Nachfolger für den Start-Vertrag gibt, werden wir hier einen neuen Vorstoß der USA sehen." (Christoph Prantner/DER STANDARD, Printausgabe, 24.3.2010)