Charlottetown - Im Golf von St. Lorenz an der Ostküste Kanadas dürften tausende neugeborene Sattelrobben ertrinken, vermuten TierschützerInnen. Den Tieren fehle eine feste Eisdecke. ExpertInnen des IFAW (Internationaler Tierschutz-Fonds) hätten nur wenige verlassene und abgemagerte Robbenbabys am Strand der Prinz-Edward-Insel, gefunden, gab der IFAW am Donnerstag in einer Aussendung bekannt. Kanada hatte vergangene Woche den mildesten und trockensten Winter seit Beginn der Aufzeichnungen gemeldet.
"Die Eissituation ist in diesem Jahr katastrophal für die Sattelrobben", erklärte Sheryl Fink, Robbenexpertin des IFAW in Kanada. "Wir sehen offenes Wasser, wo in den vergangenen Jahren eine dichte Eisdecke die Kinderstube hunderttausender Sattelrobben war." Vor diesem Hintergrund sei die Erhöhung der Jagdquote um 50.000 auf insgesamt 330.000 Tiere "unverantwortlich": "Dass die kanadische Regierung dies trotzdem tut, ist nur ein weiterer Beleg dafür, dass sie einen irrationalen Vernichtungsfeldzug gegen die Robben führt. Selbst Robbenjäger halten die diesjährige Jagdquote für blödsinnig", erklärte Ralf Sonntag, Meeresbiologe des IFAW.
Hintergrund
Daten der kanadischen Umweltbehörde Environment Canada zufolge gab es in den vergangenen 40 Jahren im Golf von St. Lorenz noch nie so wenig Eis wie heuer. Üblicherweise sind 80 bis 90 Prozent des Golfs mit Eis bedeckt, jetzt sind es lediglich fünf Prozent. Sattelrobben sind für die Geburt ihrer Jungtiere aber auf Eis angewiesen. Die weiblichen Robben wandern jährlich etwa 4.500 Kilometer von der Arktis in den Süden, um auf den Eisfeldern ihre Jungtiere zur Welt zu bringen.
Finden sie kein Eis, können sie die Geburt bis zu zwei Wochen hinauszögern. Spätestens dann werden die Jungtiere aber geboren. Ist kein Eis vorhanden, findet die Geburt im Wasser statt und die Babys ertrinken. Die IFAW-ExpertInnen erwarten heuer daher eine sehr hohe natürliche Sterblichkeitsrate bei den Sattelrobbenbabys. (red)