Aus geweihtem Munde wurde uns diese Woche die Erleuchtung zuteil, eine Ohrfeige, gut placiert, könne durchaus hilfreich sein. Vorausgesetzt, die Hand, die sie spendet, hält, wie der Papst das in seinem nur an Irland adressierten, aber katholisch gemeinten Hirtenbrief klarstellte, "den Schlüssel zu den Schätzen des Himmels", was der Fall ist, wenn ihr Besitzer Priester ist, denn "er ist es, der die Tür öffnet, er ist der Statthalter des guten Herrn, der Verwalter seiner Güter".
An den Mitarbeitern dieses Schlüsseldienstes liegt es daher, die Schätze des Himmels so zu verteilen, dass einem kräftigen Ohrenreiberl die Wirkung eines Sakraments zu- gesprochen werden kann und die Unbeflecktheit gebietende Empfängnis einer Faustwatsche der Ausgießung des hl. Geistes gleichkommt. In diesem Sinne wäre eine leichte Tachtel geradezu spirituelle Vernachlässigung.
Auf den Verdacht, dass Jesus die Kindlein womöglich nur zu sich kommen lassen wollte, um ihnen segenspendend ein paar hinter die Löffel zu pracken, musste uns ein Vorarlberger Türöffner bringen. Ihm muss man umso dankbarer sein, als sich die Evangelisten diesbezüglich bedeckt gehalten haben, möglicherweise hatten sie noch naivere Vorstellungen von den Schätzen des Himmels als die späteren Gutsverwalter des Herrn. Deren Pädagogik auf der Basis eines volksnahen Exorzismus beruht auf der Spaltung der Gottesgelahrtheit in eine auf die Empfänger zielende Theologie der Handschlagsqualität und eine auf die Verabreicher zugeschnittene Theologie der Befreiung von inneren Spannungen, die man in diesem Milieu anders nur schwer los wird. Mögen weltliche Pädagogen ihre Einwände haben - der Grundgedanke ist ausbaufähig in einer Zeit geplatzter Spekulationsblasen, in der die traditionellen Derivatgeschäfte mit dem Sündenablass ein wenig in Misskredit geraten sind. Man müsste nur eine alte Maxime ins Aktuelle wenden: Wenn hell es auf der Wange klingt, die Seele in den Himmel springt - schon wäre jede Kritik am Feldkircher Bischof zum Schweigen gebracht.
Keinesfalls darf sich die weltliche Obrigkeit in diese ober-, häufig aber auch untergriffig betriebene Verteilung der Schätze des Himmels einmischen. Das könnte am Ende womöglich noch dazu führen, dass Zweifel nicht nur am Segen der Ohrfeige, sondern gleich am Konkordat mit dem Statthalter des Herrn auftauchen. Zum Glück haben wir eine Trennung von Kirche und Staat, und gerade jetzt, wo kein Himmelschlüssel garantiert, dass sich die Pforten der Hölle nicht doch einen Spalt öffnen, erlebt sie - himmelfix! - die Stunde ihrer Bewährung.
Eines muss aber schon klar sein: Die hilfreiche Ohrfeige ist ein Kirchenschatz, weltliche Ohrfeigen entraten ihrer transzendierenden Wirkung. Die SPÖ zum Beispiel musste in relativ kurzer Zeit nicht weniger als ein Dutzend Backpfeifen aus der Hand des Wählers entgegennehmen. Aber der Wähler ist halt kein Statthalter des Herrn, daher: Wirkung nein, Segen null. Wo kaum noch Grundsätze zu erkennen sind, will der zuletzt Geohrfeigte in Graz "mit den alten Dogmen" Schluss machen. Da ist man in Rom prinzipienfester. (Günter Traxler, DER STANDARD - Printausgabe, 26. März 2010)