In Gestalt von über drei Meter hohen Bäumen protestierten Greenpeace-Aktivisten am Freitag gegen die "Zerstörung der Urwälder durch die Andritz AG im Amazonas".

Foto: Greenpeace/Teresa Novotny

Wien - Der Grazer Maschinenbauer Andritz sieht sich derzeit mit massiver Kritik seitens gleich mehrerer NGOs konfrontiert. Umweltorganisationen nutzten die am Freitag in Graz stattfindende Hauptversammlung des börsenotierten Unternehmens, um auf die "ökologischen Kosten" aufmerksam zu machen, die das Unternehmen "zur eigenen Gewinnmaximierung" verursache. "Während sich die Andritz AG in Österreich als Vorzeigefirma im Sinne der Nachhaltigkeit feiern lässt, steht der Name Andritz AG im Ausland für die Zerstörung der Umwelt und des menschlichen Lebensraums", heißt es in einer Aussendung von Greenpeace, GLOBAL 2000 und ECA Watch. "Denn um die Projekte des Unternehmens umzusetzen, müssten zehntausende Menschen umgesiedelt, Kulturdenkmäler zerstört und an die hundert einzigartige Tier- und Pflanzenarten ausgerottet werden."

Ilisu, Belo Monte

Konkret geht es etwa um den seit Jahren höchst umstrittenen Bau des Ilisu-Staudamms in der Türkei, um den Belo-Monte-Staudamm in Amazonien sowie eine Zellstofffabrik in Tasmanien, für die laut den NGOs 200.000 Hektar Wald gerodet werden sollen. "Die Andritz AG verhält sich skrupelloser als andere Firmen. Das hat sie schon beim Ilisu-Projekt in der Türkei unter Beweis gestellt", stellt ECA Watch-Sprecher Ulrich Eichelmann fest. "Während sich nach dem Ausstieg der europäischen Exportversicherungen Banken und andere Baufirmen zurückzogen, verkündete Vorstandschef Wolfgang Leitner stolz, dass die Andritz AG weiterhin im Rennen um den Auftrag bliebe, egal ob internationale Standards erfüllt würden oder nicht. Über 60.000 Vertriebene, 400 Kilometer zerstörte Flüsse und der Untergang von Hasankeyf spielen für die Andritz AG offenbar keine Rolle, Hauptsache der Profit stimmt", empört sich Eichelmann.

Auch am Xingu - einem Zufluss des Amazonas -, wo der drittgrößte Staudamm der Welt gebaut werden soll, "nimmt die Andritz AG für die Steigerung ihres Profits die Rodung des Urwaldes, die Umsiedlung und Enteignung von Menschen und die Ausrottung ganzer Tier- und Pflanzenarten in Kauf", so die Kritiker. "Sieht so der verantwortungsvolle Umgang mit der Umwelt aus, für den sich der Vorstand der Andritz AG seit Jahren lobt?", fragt Greenpeace-Sprecher Niklas Schinerl. "Um diesen verantwortungsvollen Umgang unter Beweis zu stellen, reicht es nicht aus, den Jahresbericht auf Umweltpapier zu publizieren."

Rückzug und Fonds gefordert

Die Andritz AG sowie namentlich deren Vorstandschef Wolfgang Leitner werden aufgefordert, "sich sofort aus den umstrittenen Projekten zurückzuziehen". Überdies beantragten die Vertreter der Organisationen, die zum Teil selbst Aktionäre der Andritz AG sind, bei der Hauptversammlung, dass das Unternehmen einen Fonds für die Opfer ihrer umstrittenen Auslandsprojekte einrichtet.

Damit nicht genug, kündigte auch das Bündnis "Stop the bomb", das vor allem die Geschäfte von Andritz im Iran sehr kritisch sieht, Proteste im Rahmen der Andritz-Hauptversammlung an. In den vergangenen Jahren habe Andritz nämlich Generatoren für das Kharkeh-Projekt geliefert, das laut "Stop the bomb" maßgeblich vom Firmenkonsortium der Revolutionswächter Khatam al-Anbia betrieben wird. "Die Revolutionswächter sind die Elitetruppe des Regimes, die nicht nur das Raketen- und Nuklearprogramm kontrolliert, sondern auch maßgeblich an der Niederschlagung der Proteste in den letzten Monaten beteiligt war", erklärt "Stop the bomb"-Sprecherin Simone Dinah Hartmann. "Es stellt sich die Frage, wie Firmen überhaupt ausschließen wollen, mit Firmen der Revolutionsgarden Geschäfte zu machen, wenn diese mittlerweile die iranische Ökonomie dominieren und bis zu 80% des Außenhandels kontrollieren sollen."

Andritz weist Kritik zurück

Die Kritik der Umweltorganisationen wird von Andritz zurückgewiesen und widerspricht insbesondere dem Vorwurf der Beteiligung an angeblich umweltzerstörerischen Aktionen. "Alle von Andritz gelieferten Anlagen entsprechen weltweit dem modernsten Stand der Technik und erfüllen die jeweiligen Umweltauflagen voll und ganz. Alle Projekte, bei denen Andritz vom Projektbetreiber als einer der Lieferanten ausgewählt wird, verfügen nach bestem Wissen von Andritz über alle erforderlichen Genehmigungen", stellt Konzernsprecher Michael Buchbauer fest. Andritz fungiere "weder als Investor, noch ist Andritz in die Genehmigungsverfahren involviert". Bei einigen von den NGOs kritisierten Projekten sei Andritz zudem nicht einmal Lieferant. (red)