Wien / Wiener Neustadt - Zwölf Verhandlungstage mit insgesamt 70 Verhandlungsstunden haben im Tierschützerprozess am Landesgericht Wiener Neustadt bereits stattgefunden. Weitere 23 Verhandlungstage sind allein bis Mitte Juni fix angesetzt - und Stefan Traxler, Verteidiger von fünf der insgesamt 13 Beschuldigten, geht davon aus, "dass dieses Monsterverfahren auch nach der geplanten Sommerpause im August in den Herbst hinein weitergehen wird".

Am Freitag, vor der ersten längeren, für eine Woche angesetzten Verhandlungspause, zog Traxler, zusammen mit Verteidiger Josef Philipp Bischof und vier Angeklagten, vor der Presse Zwischenbilanz. Mit Lob für Richterin Sonja Arleth - "Sie räumt den Beschuldigten die Möglichkeit ein, sich zu erklären" -, aber mit Zweifeln an der Stichhaltigkeit der Anklage wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Organisation nach dem umstrittenen Antimafiaparagrafen 278a als solcher.

"Bei Prozessen geht es üblicherweise um die Klärung konkreter Straftaten. Hier hingegen wurden den Beschuldigten während ihrer gerichtlichen Einvernahmen bisher vor allem zahlreiche E-Mails vorgehalten - verbunden mit der Frage, wie deren Inhalt zu verstehen sei. Für die Anklage nach Paragraf 278a hat das nur wenig Relevanz", meinte Bischof.

Tatsächlich haben Richterin Arleth und Staatsanwalt Wolfgang Handler bisher viel Zeit damit verbracht, Inhalte aus der Onlinekommunikation der Beschuldigten - zum Beispiel im sogenannten Fadinger-Forum - daraufhin zu prüfen, ob sie in Verbindung mit der Planung und Durchführung militanter Aktionen der international agierenden Animal Liberation Front (ALF) stehen könnte. Doch ein solches Vorgehen ist laut dem Verfassungs- und Verwaltungsjuristen Heinz Mayer für ein Paragraf-278a-Verfahren nicht unplausibel.

Unterstützen reicht

"Es genügt, jemandem nachzuweisen, dass er oder sie eine kriminelle Organisation unterstützt hat, und sei es nur durch Informationsweitergabe. So soll den zunehmend verbreiteten Formen organisierter Kriminalität Einhalt geboten werden", erläutert Mayer im Gespräch mit dem Standard. Natürlich, so ergänzt er, müsse dem Beschuldigten dann auch nachgewiesen werden, dass er über die kriminellen Handlungen der Gruppierung im Bilde war.

Die ALF, die diesbezüglich in der Tierschützercausa in Verdacht steht, sei jedoch "keine Gruppe, sondern ein Konzept, um Aktionen wie zum Beispiel Tierbefreiungen durchzuführen", brachte bei der Pressekonferenz der Tierschutzaktivist und Prozessbeobachter Eberhard Theurer vor. "Auch eine solche Verbindung kann eine kriminelle Organisation sein", kontert Mayer.

Der Prozess geht am 7. April weiter. Nach der Resteinvernahme des Dreizehntbeschuldigten Geschäftsführers des Vereins gegen Tierfabriken, Harald Balluch, soll an diesem Tag das Beweisverfahren eröffnet werden: Die Leiter der in der Causa ermittelnden Soko Pelztier, Bettina Bogner und Herbert Landauf, sollen aussagen. (Irene Brickner/DER STANDARD, Printausgabe, 27./28.3.2010)