Über vermeintliche fiskalische Vorteile und tatsächliche Belastungen von Vermögensveranlagungen nach dem Stiftungsrecht: Der Vorwurf der "Begünstigung" hält der Realität nicht stand - Von Eduard Lechner

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In letzter Zeit wird vermehrt behauptet, dass Stiftungen ungerechtfertigte Steuervorteile genießen und daher eine höhere Besteuerung von Stiftungen geboten sei. (So etwa der Finanzrechtler Werner Doralt im STANDARD vom 20. 3.) Tatsächlich sind Stiftungen aber gar nicht steuerlich privilegiert - wie ein Vergleich mit der Besteuerung von Kapitalgesellschaften und von natürlichen Personen deutlich macht:

Stiftungen sind gegenüber Kapitalgesellschaften mit einer um 250 % höheren "Eingangsbesteuerung" konfrontiert. Die Stiftungseingangssteuer beträgt nämlich 2,5 % im Vergleich zu Kapitalgesellschaften, bei denen die Eigenkapitalzufuhr mit bloß 1% Gesellschaftsteuer belastet wird.

Die laufende Besteuerung der Einkünfte einer Stiftung entspricht weitgehend jener einer Kapitalgesellschaft. Insbesondere Vermietungs- und betriebliche Erträge werden bei Stiftungen wie bei Kapitalgesellschaften mit 25 % Körperschaftsteuer besteuert. Dividenden sind bei Stiftungen ebenso wie bei Kapitalgesellschaften von der Körperschaftsteuer befreit.

Nur in zweierlei Hinsicht ist die laufende Besteuerung einer Stiftung günstiger als jene einer Kapitalgesellschaft: Bestimmte Zinserträge (insbesondere Bank- und die meisten Wertpapierzinsen) unterliegen bei Stiftungen bloß der 12,5- prozentigen Zwischensteuer. Einkünfte aus Vermögensveräußerungen (mit Ausnahme von bestimmten Gewinnen aus der Veräußerung von Beteiligungen, die grundsätzlich auch der 12,5-prozentigen Zwischensteuer unterliegen) außerhalb der einjährigen (bzw. bei Grundstücken zehnjährigen) Spekulationsfrist sind bei der Stiftung - wie bei natürlichen Personen - steuerfrei.

Nach seriösen Schätzungen fallen nur rund 10 bis 15 Prozent aller Stiftungserträge unter den begünstigten Steuersatz von 12,5 %. Somit werden auch nur 10 bis 15 Prozent der Stiftungseinkünfte günstiger als bei einer Kapitalgesellschaft besteuert. Das Stiftungs-"Privileg" der Besteuerung von Zinserträgen und bestimmten Veräußerungsgewinnen mit bloß 12,5 % Zwischensteuer wird somit in der aktuellen Diskussion extrem überbewertet.

Überdies sind Zuwendungen der Stiftung an Begünstigte in der Regel mit 25 % Kapitalertragsteuer belastet. Bei Zuwendung von mit 12,5% Zwischensteuer belasteten Erträgen kommt es zwar zu einer Entlastung der Stiftung von der 12,5%-igen Zwischensteuer. Insgesamt sind solche Erträge aber im Ergebnis, spätestens wenn sie an Begünstigte zugewendet werden, immer mit 25% Kapitalertragsteuer belastet. Dies ist exakt dieselbe Steuerbelastung, die eintreten würde, wenn ein Stiftungsbegünstigter diese Erträge selbst erzielt hätte.

Verglichen mit einer direkten Kapitalanlage durch eine natürliche Person, bietet eine Stiftung daher allenfalls einen geringfügigen Stundungsvorteil. Dem steht allerdings der Nachteil gegenüber, dass der Begünstigte einer Stiftung keinen direkten Zugriff auf das Stiftungsvermögen hat, wie sich überhaupt die Bindung des Vermögens in einer Stiftung, wenn schon nicht für den Stifter, der dies ja offenbar in Kauf genommen hat, so doch für Begünstigte als Nachteil darstellt.

Der bis 2008 bestehende Vorteil, dass durch Einsatz einer Stiftung der Anfall von Erbschaftssteuer vermieden werden konnte, ist durch die Aufhebung der Erbschafts- und Schenkungssteuer gänzlich obsolet. Damit haben Stiftungen ihre steuerliche Attraktivität endgültig verloren. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29.3.2010)