Sie wandern mit ihren Konten von Großbanken zu kleineren Geldhäusern mit besseren Konditionen ab.
An der Wall Street nahm die Finanzkrise ihren Lauf, und hier ist sie auch schon wieder vergessen. Die Geschäfte der Großbanken laufen so blendend, dass sie Staatshilfen zurückgezahlt haben und wieder Millionen-Boni verteilen. Aber warum ist es immer noch so schwierig für Sparer, einen Kredit zu bekommen? Warum werden ihnen immer fettere Zinsen und Gebühren aufgebrummt?
Stefan Heeke stellte sich genau diese Fragen. Mit seinem Geld ging der gebürtige Deutsche, der für Siemens-USA arbeitet, lange um wie die meisten. Er unterhielt seine Konten artig bei einem Traditionshaus, der Bank of America. Doch dann buchte die ihm plötzlich 100 Dollar zusätzlich im Monat ab – für eine nie vereinbarte Kreditkartenversicherung. "Es hat ewig gedauert, dieses Fantasieprodukt rückgängig zu machen" , schimpft Heeke. Berichte, wie die großen Finanzakteure mit kostspieligen Lobbykampagnen Obamas Reformen verhindern, machten den Vertrauensbruch perfekt. Heeke schichtete alle Einlagen auf eine kleine Genossenschaftsbank um, die nie Steuergelder beansprucht hat. Jetzt ist er happy: "Die haben weniger versteckte Kosten und bessere Konditionen" , sagt er.
Hass auf Großbanken
Es ist eine bisher beispiellose Kontowechselkampagne. Immer mehr Sparer, darunter Kongressabgeordnete, ziehen ihr Geld von verhassten Großbanken ab. Initiiert wurde der Boykott von der linken Bloggerin Arianna Huffington. Sie stellt auf ihrer Website www.moveyourmoney.info kleine und trotzdem sichere Institute als Alternativen vor. Das Propagandavideo der Aktivisten ist ein Youtube-Hit. Unterlegt ist es mit Auszügen aus dem Hollywood-Klassiker "Ist das Leben nicht schön" , in dem James Stewart den großherzigen Bausparkassenleiter George Bailey spielt, der Großkapitalisten Paroli bietet.
Bob Isard, Präsident der Independence Federal Savings Bank in Washington, ist eine moderne Version von Baley. Seine Bank hat vier Filialen, in denen Menschlichkeit großgeschrieben wird. "Freitags schmeißen wir unsere Popcornmaschinen an, jeder kann sich bedienen" , sagt er lachend. Persönliche Ansprechpartner, die im Kundeninteresse handeln, darauf kommt es ihm an. Nicht nur hehrer Ideale wegen, sondern weil es wirtschaftlich sinnvoll ist. "Die Sparer und Firmen aus der Nachbarschaft sind unsere Existenzgrundlage: Wenn sie pleite gehen, sterben wir auch."
Die "Move your Money" -Bewegung will aber nicht nur Großbanken bestrafen. Ihre Anhänger wollen ein Replay der Krise verhindern, das Machtgefüge ändern. Die sechs größten US-Geldhäuser kontrollieren Vermögen, die 60 Prozent der US-Wirtschaftsleistung ausmachen. In den 90er-Jahren waren es 20 Prozent. Ob sich das Monopol brechen lässt? Nach Berechnungen des Bankenberaters Bert Ely müsste mindestens die Hälfte der Privatkunden abwandern, ehe die Megabanken den Effekt spüren: "Bislang haben allenfalls ein paar Tausend den Schritt wirklich gemacht." (Beatrice Uerlings aus New York/DER STANDARD, Printausgabe, 31.3.2010)