Waltraud Klasnic, Christoph Schönborn und sein Sprecher nach dem ersten Gespräch zur Arbeit der "Opferschutzanwältin".

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Wien - "Ich gehöre zur katholischen Kirche, ich bin Christin. Dazu gehört für mich auch, sagen zu dürfen, was ich denke", sagte die ehemalige steirische Landeshauptfrau Waltraud Klasnic am Donnerstag im Innenhof des Wiener Erzbischöflichen Palais. Wohl wissend, dass ihre Nähe zur Kirche bereits für Kritik gesorgt hat, als sie die Aufgabe annahm, die Kommission zur Aufarbeitung kirchlicher Gewalt zu leiten.

Ihr zur Seite stand Christoph Kardinal Schönborn, mit dem sie zuvor ein einstündiges Gespräch geführt hatte über ihre Funktion als "unabhängige Opferschutzanwältin" , wie der Kardinal sie nannte. Die Anwaltschaft ist erreichbar unter 0664/980 78 17 oder opferschutz@gmx.at.

Es sei wichtig, betonte Schönborn, "dass die Stelle unabhängig arbeitet" . Die ehemalige ÖVP-Politikerin könne ihr Team selbst zusammenstellen und frei arbeiten. Sie bekomme dafür die notwendige finanzielle Ausrüstung - ob für die Infrastruktur oder Entschädigungszahlungen, über die im Einzelfall entschieden werden soll.

Mittel aus Kirchenbesitz

Die Mittel für die Arbeit der Kommission und etwaige Zahlungen an Opfer kämen nicht von den Kirchenbeitragszahlern, sondern "anderen Mitteln der Kirche" - etwa Einkommen durch Grundstücke oder landwirtschaftliche Betriebe, erklärte Schönborn.

Die 65-Jährige übernimmt die Aufgabe ehrenamtlich. Fünf bis sieben Mitarbeiter werden der Kommission angehören, darunter Richter, Pädagogen und Psychologen, sagte sie in der ZiB2. Hauptaufgabe werde die Vernetzung der Ombudsstellen und die Zusammenarbeit mit dem staatlichen runden Tisch sein. Für Entschädigungszahlungen werde sie bindende Vorschläge machen. Eine Anzeigepflicht bei der Staatsanwaltschaft lehnt Klasnic ab.

Auch Betroffene hätten sich bereits mit ihren Anliegen gemeldet. "Es gibt also Vertrauen und Zutrauen" , sagte sie. Opfervereinigungen bezeichnen Klasnic als "Täterbeauftragte" . Die Kommission sei von der Kirche beauftragt, gelenkt und ihre Leiterin kirchennah. Kritikpunkt ist auch Klasnics Vorsitz der Freunde des Grazer Priesterseminars. Sie sehe die Funktion als vereinbar mit ihrer Aufgabe, versicherte Klasnic dem Standard am Rande der Pressekonferenz. Die einzige Aufgabe des Vereins sei, einmal im Jahr für das Seminar Geld zu sammeln.

Zum Vorwurf, in ihrer Amtszeit sei ein Landesbeamter, der eine Mitarbeiterin sexuell belästigt habe, nicht angezeigt worden, sagte Klasnic, das Opfer sei gegen eine Anzeige gewesen. Deshalb sei der Mann nur versetzt worden. (Gudrun Springer, DER STANDARD - Printausgabe, 2. April 2010)