Wien - Die hierarchiekritische katholische Laien-Plattform "Wir sind Kirche" hat am Ostermontag gegen die Äußerungen des päpstlichen Hauspredigers, Raniero Cantalamessa, und gegen die des Dekans des Kardinalskollegiums, Kardinal Sodano, vor der Ostermesse auf dem Peterplatz in Rom protestiert. Hans Peter Hurka von "Wir sind Kirche" erklärte in einer Aussendung: "In beiden Wortmeldungen wird das Verhältnis Täter-Opfer völlig umgekehrt".

"Wir sind Kirche" rief die Äußerung von Sodano in Erinnerung: "Heiliger Vater, das Volk Gottes ist mit Dir und wird sich nicht von dem unbedeutenden Geschwätz dieser Tage beeinflussen lassen". Die Laien-Plattform meinte dazu: "Nicht die Kritik an Papst und Kurie sind 'Geschwätz' sondern diese völlig falsche Solidaritätserklärung". Cantalamessa wiederum hatte am Karfreitag erklärt, ein jüdischer Freund habe ihm geschrieben, dass ihn die jüngsten Anschuldigungen im Missbrauchsskandal an Kollektivschuld und "die schändlicheren Aspekte des Antisemitismus" erinnert hätten.

Nicht die Kirche und auch nicht der Papst seien Opfer einer Kampagne, wurde in der Aussendung von "Wir sind Kirche" weiter argumentiert: "Die wahren Opfer sind die Menschen, welche durch Vertreter der katholischen Kirche missbraucht, geschlagen und erniedrigt wurden". Das "Leid", welches Papst Benedikt XVI. jetzt zu ertragen habe, sei mit den Schmerzen der Opfer nicht zu vergleichen. Solche Vorfälle seien mit Dementis des Pressesprechers, dem Jesuitenpater Federico Lombardi, nicht mehr zu korrigieren.

"Wir sind Kirche" missbilligte auch die anschließende Umarmung des Papstes, weil er damit offensichtlich seinen Dank für diese Worte Sodanos zum Ausdruck bringen wollte. Sowohl das Schweigen des Papstes als auch die Zustimmung oder Duldung solcher Reden empöre viele Christinnen und Christen zutiefst.

"Wir sind Kirche" rief deshalb alle Bischöfe dazu auf, insbesondere die österreichischen, deutschen und Schweizer Bischöfe, gegen diese Redenzu protestieren, weil sie alle ihren guten und verheißungsvollen Bemühungen um Aufarbeitung des Unrechts sowie den Anfang der dringend notwendigen Reformen als unehrlich und unglaubhaft erscheinen lassen. Ebenso lud die innerkirchliche Reformbewegung alle Gläubigen ein, dem Vatikan die rote Karte zu zeigen. Und zwar mit einem Mail mit roter Schriftfarbe an: benediktxvi@vatican.va. (APA)