Der neue Präsident des Privatsenderverbands will die Wettbewerbsbehörden der EU anrufen, wenn der Nationalrat die Regierungsvorlage in der heutigen Form beschließt: Klaus Schweighofer erklärt auf STANDARD-Anfrage, diese Vorlage sei "keinesfalls" eine taugliche Basis für fairen Wettbewerb zwischen ORF und Privatsendern.

„Als gelernte Österreicher müssen wir leider davon ausgehen, dass das tatsächlich so beschlossen wird, wie es bis dato kommuniziert wurde", sagt Schweighofer dem STANDARD: „Ist das der Fall, strebe ich eine sofortige Überprüfung, also ein neuerliches Verfahren, an. Denn wir müssen wissen, ob die EU das wirklich so gemeint hat."

Die EU-Kommission und ihre Generaldirektion Wettbewerb prüften nach Beschwerden des Privatsenderverbands, des Zeitungsverbands sowie des Abosenders Sky, ob die Finanzierung des ORF mit Gebühren den Wettbewerb verzerrt. Die EU vermisste in ihrem Verfahren gegen die Republik Österreich Kontrolle, ob der ORF mehr Gebühren erhält, als er für den öffentlich-rechtlichen Auftrag braucht. Sie verlangte Definitionen und Beschränkungen, welche Dienste der ORF mit Gebühren im Internet anbieten darf. Auch präzisere Vorgaben und Grenzen für Spartensender, insbesondere ORF Sport Plus, fehlten aus der Sicht der EU.

Das Verfahren endete im Herbst 2009 mit einem Kompromiss zwischen Österreich und der EU - mit Bedingungen für ein neues ORF-Gesetz. Privatsender und Zeitungsverband sehen in der Regierungsvorlage viele Schlupflöcher für den ORF. Sie protestierten heftig, dass der ORF zu rund 520 Millionen Euro aus Gebühren jährlich vier Jahre weitere 160 Millionen Euro aus dem Budget bekommt. Die kommerzielle Programmierung insbesondere von ORF 1 und Ö3 - auch mit Gebührengeldern - ist den privaten Konkurrenten ein Dorn im Auge. Die Regeln für Sonderwerbeformen im ORF gehen ihnen zu weit.

Schweighofer plädiert im STANDARD-Interview für eine klare Trennung zwischen öffentlich-rechtlichen und kommerziellen Sendern - also einen rein gebührenfinanzierten , öffentlich-rechtlich programmierten ORF, der völlig auf Werbung verzichten müsste, und werbefinanzierte Privatsendern.

Der Privatsenderverband VÖP wählte Schweighofer Mittwochnachmittag zum neuen Präsidenten. Schweighofer (44) gehört seit März 2008 dem Vorstand der Styria Media Group (Kleine Zeitung, Die Presse, Wirtschaftsblatt, Antenne Steiermark und Kärnten, Sat.1 Österreich) an. Für Beteiligungen, etwa in Radio und Fernsehen, sowie für Auslandsaktivitäten der Styria - etwa in Kroatien, Slowenien, Norditalien - ist der Jurist schon länger zuständig. Schweighofer löst den langjährigen VÖP-Präsidenten Christian Stögmüller (Life Radio Oberösterreich) ab. Markus Breitenecker (Puls 4, Prosieben-Vermarkter Sevenone Media) bleibt Vizepräsident des VÖP. (fid, DER STANDARD; Printausgabe, 8.4.2010)