
Abt Bruno Hubl: nicht "ins rechtsradikale Eck drängen".
Wien - Die Debatte über Missbrauchsfälle innerhalb der katholischen Kirche gewinnt abseits der Tragik an Kuriosität. Konkret verdankt nämlich der Abt des Benediktinerstifts Admont, Bruno Hubl, der aktuellen Problemlage die Schließung einer historischen Bildungslücke. Erst vergangene Woche erfuhr der Abt nämlich, dass sich in dem ehemaligen Konzentrationslager Mauthausen auch eine Gaskammer befand.
Hintergrund ist ein Briefwechsel mit einem ehemaligen Internatsschüler, der zwei Adtmonter Patres beschuldigt, ihn schwer misshandelt zu haben. Was den, dem STANDARD vorliegenden, Briefen folgt, sind mehrere Telefonate mit dem Abt. Dabei erwähnt der Mann auch, dass dessen "Verwandtschaft mütterlicherseits in Mauthausen vergast wurde". Was Abt Hubl mit den Worten "aber in Mauthausen hat's ja gar keine Gaskammern gegeben" abgetan hätte.
Darauf angesprochen, bestreitet der Benediktiner-Obere diesen Satz auch gar nicht: "Ja es stimmt, ich habe bis vor kurzem nicht gewusst, dass es auch in Mauthausen eine Gaskammer gab. Nach dem Telefonat habe ich dann nachgelesen und erfahren, dass dem so war." Keinesfalls lasse er sich aber "ins rechtsradikale Eck drängen". Hubl: "Niemals würde ich auch nur andeutungsweise den Holocaust mit den schrecklichen Gaskammern leugnen. Wenn ich dies tun würde, müsste ich ja völlig entgegen jeder historischer Gewissheit wie ein ungebildeter Ignorant agieren." Ein Begriff sei ihm in Zusammenhang mit Mauthausen "lediglich die Todesstiege gewesen", und außerdem könne er "ja nicht jedes Konzentrationslager kennen, in dem es Gaskammern gegeben hat".
Gelegentliche Ohrfeigen
Der ehemalige Schüler will vor allem eines: eine finanzielle Entschädigung für die Verletzungen, die ihm die Patres zugefügt haben sollen. "Ich habe sie mir alle bei einem Arzt bestätigen lassen", sagt er im Standard-Gespräch. Konkret berichtet der Mann von Ohrfeigen und "regelmäßigem Auspeitschen" mit einem Ledergürtel. Eine Wunde platze heute noch regelmäßig auf, erklärt er.
Vonseiten der Ordensleitung bestreitet man zumindest die Ohrfeigen nicht. Hubl: "In den 60er-Jahren ist es leider zu gelegentlichen Ohrfeigen gegenüber Schülern im Konvikt des Stiftes Admont gekommen. Die Erziehungsmethoden waren damals nicht nur in einem Internat, sondern auch in Familien ganz andere als heute." Andere Misshandlungsvorwürfe weist der Abt aber entschieden zurück, Entschädigungszahlungen will man aber dennoch nicht ausschließen. "Sollte der Betroffene, wie angegeben, tatsächlich durch eine Ohrfeige einen dauerhaften Hörschaden erlitten haben, so ist das Stift trotz längst eingetretener zivilrechtlicher Verjährung zu allfälligen Schadensersatzansprüche bereit, eine angemessene Entschädigung zu leisten. Grundlage dafür wäre aber eine ärztliche Untersuchung. Bis dato hat der Betroffene aber noch kein Gutachten vorgelegt", erläutert Helmut Weber, Anwalt des Stiftes Admont.
Die Unterlagen hat der frühere Schüler des Stifts seinen Villacher Rechtsanwalt Joachim Bucher bereits übergeben. Eines schließt er aus: An das Büro der von der Kirche eingesetzten Opferbeauftragten Waltraud Klasnic "werde ich mich sicher nicht wenden. Das ist ja ein Täterschutz- und kein Opferschutzprogramm."
Sein Anwalt Bucher hat nun als ersten Schritt ein sogenanntes Anspruchschreiben, in dem der Sachverhalt noch einmal angeführt wird, an die römisch-katholische Kirche - sprich Kardinal Christoph Schönborn, den Grazer Bischof Egon Kapellari und das Stift - geschickt. 14 Tage haben diese nun Zeit für eine Stellungnahme und dafür, eine Entschädigungssumme zu nennen. Ob die Causa am Ende vor Gericht landen könnte, will Rechtsanwalt Bucher angesichts der "Verjährungsproblematik" in solchen Fällen nicht kommentieren, aber: "Waltraud Klasnic hat kürzlich gesagt, dass es bei der Kirche keine Verjährung gibt", hält er fest. (Peter Mayr/Markus Rohrhofer, DER STANDARD - Printausgabe, 9. April 2010)