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Küßchen in Wien: Leonid Breschnew mit Jimmy Carter
Barack Obama und der russische Präsident Dmitri Medwedew trafen einander in Prag. Klar, schöne Stadt, liegt in der Mitte Europas, eignet sich gut, um einen Abrüstungsvertrag ("Start" - Strategic Arms Reduction Talks) zu unterzeichnen. Präsident Obama hatte übrigens vergangenes Jahr ebenfalls Prag ausgesucht, um seine Vision von einer atomfreien Welt in einer Rede auf dem Hradschin zu verkünden.
Vor mehr als 30 Jahren, 1979, war es Wien, das die beiden Supermächte USA und damals noch die Sowjetunion aussuchten, um einen Raketenabrüstungsvertrag zu unterzeichnen ("Salt" - Strategic Arms Limitation Talks). Jimmy Carter und Leonid Breschnew küssten einander in der Hofburg. Der US-Kongress ratifizierte den Vertrag nicht (wegen des Einmarsches der Sowjets in Afghanistan), aber beide Seiten hielten sich an die Abmachungen.
Der Punkt ist, dass heute niemand Wien für solche Treffen benutzt. Gut, damals war Prag im Sowjetblock, Österreich war neutral. Aber wir hatten noch etwas: einen außenpolitisch aktiven, geschickten und an der Welt interessierten Kanzler von Format, Bruno Kreisky. Österreich betrieb eine aktive Außenpolitik und konzentrierte sich nicht nur auf innenpolitisches kleines Karo.
Kreisky war auch ein Populist, vielleicht der größte überhaupt, aber er war noch an mehr interessiert. Heute fällt niemandem mehr Wien als Ort für Top-Begegnungen ein. (Hans Rauscher/DER STANDARD, Printausgabe, 10.4.2010)