Die erhoffte freundschaftliche Geste wird ausbleiben. Wenn die deutsche Kanzlerin Angela Merkel diese Woche am Rande des Atomgipfels mit US-Präsident Barack Obama zu einem kurzen bilateralen Gespräch zusammentrifft, dann dürfte das Thema Guantánamo schnell abgehakt sein - nicht alleine wegen des Termindrucks. Denn Merkel kann Obama kein konkretes Angebot für die Aufnahme von Guantánamo-Häftlingen in Deutschland machen.
Eigentlich sind sich die deutsche Regierungschefin und ihr Innenminister Thomas de Maizière (CDU) einig: Deutschland könnte drei jener Guantánamo-Häftlinge aufnehmen, die nach der Auflösung des umstrittenen Lagers nicht in den USA bleiben wollen und auch nicht in ihre Heimat zurückkehren können. Für die Auflösung des Lagers setzt sich Merkel bereits seit dem Jahr 2006 ein.
Doch die eigenen Leute machen Merkel einen Strich durch die Rechnung. Unionsregierte Länder lehnen die Aufnahme ab. "So blauäugig kann doch keiner sein, dass wir uns potenzielle Al-Kaida-Helfer ins Land holen" , sagt CDU-Generalsekretär Alexander Dobrindt. Auch im Saarland ist man zurückhaltend: "Wenn die Betroffenen der Sicherheitsüberprüfung standhalten, sollen die Vereinigten Staaten eine Lösung finden, die von ihrem Land Inhaftierten auch im eigenen Land unterzubringen" , erklärt der saarländische Innenminister Stephan Toscani (CDU). In Nordrhein-Westfalen sieht Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) ebenfalls keinen Grund, "jetzt Häftlinge nach Nordrhein-Westfalen zu holen" .
Zwei Palästinenser, ein Syrer
Kurzfristig sah es für Merkel so aus, als würde ihr politischer und persönlicher Freund Ole von Beust (CDU) ihr aus der Patsche helfen. Das schwarz-grün regierte Hamburg sei bereit, den zwei Palästinensern und dem Syrer eine neue Heimat zu bieten. Doch dann winkte auch die Hansestadt ab und reichte das Thema Guantánamo wie eine heiße Kartoffel, die keiner lange in der Hand haben will, wieder an den Bund zurück.
Die Ablehnung der Länder bringt Merkel in eine unangenehme Lage. Im Gegensatz zu Frankreich, Italien, Ungarn, Irland, Spanien, Portugal und der Slowakei, die den USA Unterstützung zugesagt haben, kann sie ihr Versprechen gegenüber Obama nicht einhalten. Das Innenministerium arbeitet weiterhin an einer Lösung und prüft den Paragrafen 22 des Aufenthaltsgesetzes. Dieser besagt, dass einem Ausländer eine Aufenthaltsgenehmigung aus völkerrechtlichen oder dringenden humanitären Gründen durch das Ministerium erteilt werden kann. (DER STANDARD, Printausgabe 13.4.2010)