Bild nicht mehr verfügbar.

Schlafapnoeiker leiden unter massiver Tagesmüdigkeit.

Foto: APA/Frank Augstein

Die Vorstellung, dass der Organismus nachts phasenweise auf das Atmen verzichtet, klingt beängstigend. Lebensbedrohlich ist dieser Zustand, den Mediziner als Schlafapnoesyndrom bezeichnen, in den meisten Fällen allerdings nicht. „Es ist sehr selten, dass die Sauerstoffunterversorgung im Gehirn zur akuten Lebensbedrohung wird", weiß Stefan Seidel, Neurologe an der Universitätsklinik für Neurologie am Wiener AKH. Kein Grund das Schlafapnoesyndrom auf die leichte Schulter zu nehmen, denn je häufiger der nächtliche Schlaf von diesen Atempausen zerhackt wird, desto höher ist auch das Risiko, dass die Gesundheit davon langfristig Schaden nimmt. „Diese Patienten neigen zu Gefäßverkalkungen und damit verbunden zu Schlaganfällen und Herzinfarkten", erklärt der Wiener Experte.

Tagesmüdigkeit und Kopfschmerzen

Von all dem kriegt der Betroffene in der Nacht wenig mit. Tagsüber jedoch bekommt er den gestörten Schlaf deutlich zu spüren. Der Schlafmangel repräsentiert sich morgens mitunter mit unangenehmen Kopfschmerzen und tagsüber mit anhaltender Müdigkeit und Konzentrationsproblemen. Daraus resultiert die Neigung während monotoner Tätigkeiten einzuschlafen, was allein beim Autofahren bereits ein beträchtliches Risiko darstellt. Dem Partner, der neben dem Schlafapnoeiker nach Schlaf sucht, bleiben zwar die Atemstillstände erspart, jedoch leidet auch sein Schlaf gewaltig unter dem Beisein. Denn Schlafapnoeiker sind in aller Regel auch Schnarcher. Eine Geräuschkulisse die jeden erholsamen Schlaf daneben zur Unmöglichkeit macht.

Der Mechanismus hinter dem Schnarchen, wie auch den Atemstillständen des obstruktiven Schlafapnoesyndroms, ist bekannt. Im Schlaf erschlafft die Muskulatur im Nasen- und Rachenraum. Diese Entspannung wird durch Übergewicht und Alkoholkonsum mitunter noch zusätzlich verstärkt und führt dazu, dass sich die oberen Atemwege nächtens kurzfristig verschließen. Die Folge: Der Sauerstoffgehalt im Blut sinkt, der Organismus ist für einige Sekunden lang unterversorgt. Alarmiert davon, reagiert das Gehirn mit einer Weckreaktion (micro-arousal), während der ein Betroffener mit einem heftig seufzenden Atemzug oder Schnarchlaut seine Atempause beendet.

Schlaflosigkeit senkt Schmerzschwelle

Beängstigend und unangenehm für denjenigen, der daneben liegt und Grund genug für das Wiener AKH in einer aktuellen Studie auch dem Partner eines Schlafapnoeikers und Schnarchers Aufmerksamkeit angedeihen zu lassen. „Wir wissen, dass Frauen die neben schnarchenden Männern schlafen, häufiger unter Schmerzen leiden", weiß Studienleiter Stefan Seidel davon zu berichten, dass nicht nur dem Schnarcher selbst der schlechte Schlaf Kopfschmerzen bereiten kann. Die Ursache findet sich in der Schmerzschwelle und -toleranz, die bei ausgeschlafenen Menschen wesentlich höher liegt.

Um die Auswirkungen schlechter Schlafqualität zu beurteilen, führen daher betroffene Paare über drei Monate hinweg jeweils ein Tagebuch, in dem Schlaf und Schmerz genau dokumentiert werden. Das Schlafprofil beider Partner wird zwei Wochen lang mit Hilfe einer Aktigraphie untersucht. „Nicht selten kommen wir zu dem Ergebnis, dass der Schnarcher verglichen mit dem Nichtschnarcher sogar noch relativ gut schläft", ergänzt Seidel.

Ursache der Schmerzen eruieren

Neben dieser paarweisen Betrachtung will die Wiener Studie den Zusammenhang Kopfschmerz und Schlafapnoesyndrom genauer abklären. „Wir wollen herauszufinden, ob jemand der aufgrund von Kopfschmerzen einen Arzt aufsucht, möglicherweise ein massives Schlafproblem hat", berichtet Seidel. Die Hoffnung des Neurologen: „Schmerzmittel könnten sich dann alsbald als überflüssig erweisen, und schmerzmittelinduzierte Kopfschmerzen würden weniger häufig induziert werden".

Versteckt sich hinter dem Kopfschmerz tatsächlich eine Schlafapnoe, dann kann dem Betroffenen geholfen werden. In besonders schweren Fällen mit einer CPAP (Continuous Postitive Airway Pressure)-Maske, über die dem Patienten nachts mit Überdruck Luft in die Nase hineingeblasen wird. Die entspannte Muskulatur im Nasen-Rachenraum wird dadurch stabilisiert und offen gehalten. Sind die Symptome weniger ausgeprägt, verbessert sich das Leiden vielleicht schon mit einem Anti-Schnarch-Rucksack, der die Rückenlage im Bett verhindert. Trotz angeblich hohem Tragekomfort, klingen beide Maßnahmen wenig einladend. Schnarcher profitieren jedoch bewiesenermaßen davon und der Nicht-Schnarcher wird es dem Schnarcher ebenfalls danken. (derStandard.at, 11.5.2010)