Australians go Austria. Die grandiosen Blackeyed Susans gastieren am kommenden Montag auf ihrer Europatour im Wiener Fluc.

Foto: Denise Nestor

Wien - Denkt man an die großen Crooner der Musikgeschichte, kommen einem einschlägige Namen in den Sinn. Frank Sinatra, sein Saufkumpan Dean Martin, der samtene Nat "King" Cole oder der Verführer Brook Benton. Allesamt Ausnahmeerscheinungen, die durch Silben schlenzen und diese wie nebenbei emotionalisieren, bis es knistert. Zu den großen zeitgenössischen Stilisten dieses Fachs darf man Rob Snarski zählen. Allein, dieser Name ist der Welt weit weniger bekannt als die genannten Altvorderen. Ein Irrtum!

Snarksi steht der australischen Band The Blackeyed Susans vor und bildet zusammen mit dem zweiten Songwriter, Phil Kakulas, den Kern dieser Supergroup, die trotz zwanzigjährigem Bestehen immer noch so etwas wie das bestgehütete Pop-Geheimnis Australiens ist. Kakulas sieht das humorvoll entspannt. "Die Leute entdecken uns immer noch, und das ist gut so. Wir wären aber auch jederzeit dazu bereit, über Nacht berühmt zu werden."

Auch ohne weltweite Bekanntheit hat man sich gut eingerichtet. Hervorgegangen sind The Blackeyed Susans aus den Triffids, die man sich als ästhetisches Missing Link zwischen zwei ungleich erfolgreicheren Aussie-Bands vorstellen kann: The Go-Betweens und Nick Cave and the Bad Seeds.

Aus Spaß wurde Susan

Und hier beginnt die wundersame Geschichte der Blackeyed Susans, die als spaßiges Feiertagsprojekt begonnen, sich aber in kürzester Zeit zu einem Durchlauferhitzer der australischen Alternative-Music-Szene entwickelt haben. Die Besetzungsliste der 1989 in Perth gegründeten und heute von Melbourne aus operierenden Formation liest sich wie das Who's who des Down-Under-Undergrounds. Mitglieder von Nick Cave's Band, den Beasts Of Bourbon, von The Dirty Three, The Jackson Code oder The Cruel Sea und anderen mehr standen im Dienst der Susans.

Zum Mitglied geboren sein

"Wir hatten Glück, dass all diese Leute sehr gut darin waren, ein Lied besser zu machen und die Songs wichtiger als sich selbst zu nehmen. Jemand hat einmal gesagt, Blackeyed-Susans-Mitglied wird man nicht, man muss dazu geboren sein. Das stimmt insofern, als dass wir es jedes Mal genau spüren, wenn wir ein neues Mitglied finden. Da muss mehr als nur eine Vorliebe für eine gewisse Musik vorhanden sein" , beschreibt Kakulas das wechselhafte Bandgefüge, das seit der Gründung sechs Alben hervorbrachte.

Zurzeit ist die Band auf Europatournee, um Auszüge aus ihrer zuletzt erschienenen Werkschau Reveal Yourself zu präsentieren. Letztes Wochenende spielte sie eine umjubelte dreistündige Show in London, bei der die Bad Seeds Mick Harvey und Warren Ellis Gastauftritte absolvierten. Kommenden Montag gastiert die Band erstmals in Österreich, im Wiener Fluc.

The Blackeyed Susans darf man sich als elegantere und romantischere Version der Bad Seeds vorstellen. Zwar hat man wie diese Punk ebenso verinnerlicht wie den Blues und diverse US-amerikanische Südstaatenmythen, doch aus Snarskis musikalischer Frühsozialisation, die von Elvis-Presley-Filmen zu diversen Golden-Hits-Radiosendern reichte, resultiert eine Attitüde, die weniger dem polternden Ausdruck zuspricht als der eleganten Leidenschaft. Die Susans sind Herzensbrecher mit Stil.

Als solche sind sie gleichzeitig ein Gegenentwurf zum mitunter doch recht derben und Macho-lastigen Aussie-Underground: "Wie die Go-Betweens sahen wir uns mit den Triffids schon immer als Gegenreaktion auf dieses Umfeld" , so Kakulas. Die Susans setzen das auf beseelte Art und Weise fort.

Die Sache mit Mark Knopfler

Der originäre Stil der Band ermöglichte auch Unmögliches. 2002 veröffentlichte man Dedicated To The Ones We Love, eine Sammlung mit Coverversionen von Stücken, die den Susans "lieb und wichtig" sind. Doch das waren nicht einfach Interpretationen. So wie die Susans dieses Fremdmaterial spielten, wurde die Stücke zu ihren eigenen Nummern, wurde dieses Album ein atmosphärisches Meisterwerk mit einer sinnlichen Chronologie. Und mitten drinnen: Private Dancer - eine der hässlichsten Nummern der 1980er-Jahre.

Kakulas lacht! "Das war in der Tat eine Herausforderung. Wir haben Mark Knopflers Musik nie gemocht, aber bei dem Song hatte ich immer das Gefühl, der habe etwas Besonderes. Etwas Tragisches, und das wollten wir herausstreichen. Die Band war sehr skeptisch, besonders Rob, aber mittlerweile ist er derjenige, der den Song immer spielen will." In der Wiener Club-Szene war das Stück eine kleiner Hit.

Mitte der 1990er schienen die Susans dann tatsächlich große Karriere zu machen. Rick Rubin holte sie auf sein Label American Recordings, es entstand das Album Mouth To Mouth (1996). Als kurzfristige Labelkollegen von Johnny Cash teilten sie sich in den USA sogar einmal die Bühne mit dem Country-Titanen.

"Das war seltsam, denn wir spielten den Song Smokin' Johnny Cash, eine Art Drogenfantasie, die wir schon länger geschrieben hatten. Cash lehnte am Bühnenrand und schaute uns zu. Später standen wir in Reih und Glied, um ihn zu treffen. Er schritt die Reihe ab und führte Small Talk. Ich fasste mir ein Herz und meinte in nachgestelltem Südstaatendialekt, wir hätten ihn mit dem Lied auf keinen Fall kränken wollen. Cash lächelte und meinte: 'Keine Sorge, ich habe den Song sehr genossen.‘" Eine Band, die Johnny Cashs Segen hat - was kann man sich Besseres vorstellen? (Karl Fluch/DER STANDARD, Printausgabe, 14. 4. 2010)