Die braune Aschewolke ist hier auf einem Satellitenbild der NASA zu erkennen - Im linken oberen Eck befindet sich Island

Foto: NASA

Wien - Aufgrund der von Norden kommenden Aschewolke, ausgelöst durch den isländischen Eyjafjalla-Vulkan, wurden am Freitag bereits gegen 18.30 in Wien die letzten Landungen durchgeführt, der Linzer Flugraum wird ab 18.45 gesperrt, Salzburg und Innsbruck werden ab 19.00 Uhr, Graz und Klagenfurt ab 22.00 Uhr gesperrt. Das teilte die Austro Control mit.

Gegen 17.00 Uhr ist am Freitag die letzte Maschine der Austrian Airlines vom Flughafen in Wien-Schwechat abgehoben. Ab dann bleiben die Flugzeuge zumindest bis Samstagmittag am Boden, sagte AUA-Sprecher Martin Hehemann. Die Passagiere seien alle informiert worden, dass es am Freitagabend keinen Flug mehr geben wird. Jene, die in Wien festsitzen wurden in Hotels untergebracht. "Wir kümmern uns um unsere Kunden so gut es geht", betonte Hehemann. Samstagvormittag wird in einem Krisenmeeting die weitere Vorgehensweise, die sich an der Wetterlage und den Vorgaben der Austro Control orientiert, entschieden.

Passagiere, die für Samstagnachmittag einen Flug mit der AUA gebucht haben, sollten sich unbedingt vor Abflug auf der Website des Unternehmens oder des Flughafens über den aktuellen Stand informieren. Unter der Hotline des AUA-Customer-Service-Centers (0517661000) werden ebenfalls Fragen rund um die Flüge beantwortet.

Schrittweise gesperrt

Der Luftraum für Überflüge wird laut Austro Control am Freitag ab 18 Uhr schrittweise von Norden nach Süden gesperrt. Bis 22 Uhr wird über Österreich alles dicht sein. Und dies wird auch eine Zeit so bleiben: Nach derzeitigem Wissensstand wird die Sperre zumindest am Samstag aufrecht bleiben. Laut Sprecher Markus Pohanka erforderte die Sicherheit und eine Analyse der aktuellen Prognosen diesen Schritt. Zudem habe man sich mit den Fluglinien und Airports abgestimmt. Weitere Änderungen seien bei Änderung der Wetterlage möglich.

Noch vor der Sperre des österreichischen Luftraums gab es am Freitagnachmittag zunehmend Einschränkungen bei den Verbindungen vom bzw. zum Flughafen Wien-Schwechat. Zwischen 15.00 und 17.00 Uhr wurden 18 von 28 geplanten Verbindungen zu anderen Airports gestrichen. Betroffen waren vor allem Personentransporte in Richtung Großbritannien bzw. Skandinavien. Während der Schließung des Luftraums bleibt der Flughafen Wien-Schwechat für Notlandungen und den privaten Luftverkehr - ausschließlich im Sichtflugbereich - geöffnet, betonte der Flughafen-Sprecher.

Keine Entspannung in Sicht

Die Lage an den Flughäfen in ganz Europa wird sich nach Vorhersagen der Flugsicherheitsbehörde Eurocontrol auch am Samstag nicht entspannen. Die Aschewolke werde sich über Europa ausbreiten und deutlich größere Teile überdecken als am Freitag, teilten die Luftsicherheitsexperten in Brüssel mit. Darauf deuteten alle Wetterdaten hin.

Die Wolke werde weiter nach Süden ziehen und schon Samstag früh eine gedachte Linie von Südfrankreich über Norditalien bis zum nördlichen Balkan erreichen. Das sagte der Chef der Luftraumüberwachung bei Eurocontrol, Brian Flynn.

Keine Gesundheitsrisiken

Die Wolke dürfte am frühen Abend in den österreichischen Luftraum eindringen. Der erwartete Regen ist mit keinerlei Gesundheitsrisiken verbunden. Die Austrian Airlines (AUA) mussten wegen der Vulkanasche im Luftraum am Freitag 56 Starts und Landungen canceln. Das entspricht laut einem Sprecher in etwa einem Achtel der täglich abgewickelten 400 Verbindungen. Schätzungsweise gab es für 2.000 bis 3.000 Passagiere der Fluglinie kein Weiterkommen. Die Sperre des österreichischen Luftraums gilt auch für das Bundesheer, jedoch nicht für Rettungshubschrauber. Hauptsächlich handle es sich um Flüge zwischen Wien und London, Brüssel, Paris, Oslo, Helsinki, Warschau oder Krakau. Von der ÖBB wird zusätzliches Material eingesetzt, um auch gestrandete Flugpassagiere an ihr Ziel zu bringen. Nach München wird ein Sonderzug angeboten.

Europäischer Luftraum lahmgelegt

Die Slowakei hat am Freitag um 15.00 Uhr ihren Flugraum gesperrt, wie ein Sprecher der Flugsicherung mitteilte. Auch der Schweizer Luftraum ist wegen der Vulkanasche-Wolke aus Island ab sofort gesperrt. Das Flugverbot gilt vorläufig bis am Samstag, 9.00 Uhr, wie das Schweizer Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) mitteilte. Die Aschewolke wird nach Einschätzung von Meteoschweiz gegen Mitternacht den Schweizer Luftraum erreichen.

Die italienischen Behörden befürchten am Samstag Schwierigkeiten im Flugverkehr wegen der Aschewolke, die in Richtung Süden zieht. Sollte sich die Wetterlage nicht ändern, könnten am Samstag mehrere norditalienische Flughäfen schließen, verlautete es bei einem Treffen des Zivilschutzes am Freitag in Rom, an dem sich die für die Flugsicherheit zuständigen Behörden beteiligten.

Die italienischen Staatsbahnen wollen verstärkt Züge zur Verfügung stellen, sollten die norditalienischen Flughäfen gesperrt werden. Ein definitiver Beschluss über die Schließung der Airports soll am späten Samstagabend ergriffen werden. Auch in Italien mussten am Freitag dutzende Flüge in Richtung Nordeuropa gestrichen werden.

Intensiver Sonnenaufgang

Die Wolke wird in Österreich zwar nicht zu sehen sein, sorgt aber aller Voraussicht nach für einen außergewöhnlich schönen Sonnenaufgang am Samstag. "Es wird wahrscheinlich intensivere Rosa-Töne geben", hieß es seitens der ZAMG. Der Effekt entsteht dadurch, dass die Aschepartikel in der Atmosphäre einen Teil des Sonnenlichts abfiltern. Die Sonne werde daher nicht wie üblicherweise gelb-orange, sondern tiefrot aufgehen.

Flugbetrieb mehrere Tage behindert

60 Prozent der Flüge in Europa fallen heute aus. Großbritannien, Irland, Belgien, die Niederlande, Norwegen, Schweden, Finnland sowie Dänemark haben demnach ihren Luftraum komplett gesperrt. In Frankreich sind die Flughäfen im Norden geschlossen darunter Paris Charles-de-Gaulle und Paris-Orly. Grundlage für alle Entscheidungen sind die ständig aktualisierten Prognosen, wie sich die Aschewolke weiterbewegt. Diese kommt von Norden und wird bereits gegen Mittag Tschechien erreichen.

Der größte deutsche Flughafen in Frankfurt ist seit 8 Uhr gesperrt. Auch Polen hat am Freitag seinen Luftraum fast vollständig geschlossen. Nur zwei Flughäfen, Krakau und Rzeszow im Süden des Landes, sind noch geöffnet. Seit Freitagmittag war auch der Flughafen Prag wegen der Aschewolken gesperrt. Der belgische Luftraum ist vorerst bis Samstag 10 Uhr Vormittags zu.

München, Stuttgart und Saarbrücken geöffnet

Stuttgart und Saarbrücken sind am Freitagnachmittag vorerst wieder für den Flugverkehr geöffnet worden. Bis voraussichtlich 18.00 Uhr könnten dort Starts und Landungen stattfinden, teilte die Deutsche Flugsicherung (DFS) in Langen mit. Auch der Flughafen München konnte weiterhin angeflogen werden. Damit waren am Freitagnachmittag 13 von 16 internationalen Flughäfen in Deutschland zu.

Britischer Luftraum gesperrt, Irland offen

Die Sperre des britischen Flugraums wurde vorerst bis 1.00 nachts (Lokalzeit) verlängert. Außer Notfall-Flügen dürften keine Maschinen in Großbritannien ein- oder ausfliegen, teilte die britische Flugüberwachung NATS mit. Alle Londoner Flughäfen sind geschlossen, darunter auch Heathrow, einer der wichtigsten Flughäfen der Welt, auf dem pro Tag pro Tag rund 1.300 Flüge und 180.000 Passagiere abgefertigt werden.

Ausnahmen ist Irland: Dort wurde der Großteil des Luftraums wieder geöffnet, da sich die riesige Vulkanaschewolke vom Südosten der Insel fortbewegt. Die nationale Luftfahrtbehörde teilte mit, die Flughäfen Dublin, Shannon und Cork nähmen am Freitag den Betrieb wieder auf. Vor der Südküste blieben jedoch Einschränkungen in Kraft.

Vulkan verliert an Kraft

"Es ist das erste Mal in der europäischen Luftfahrtgeschichte, dass wir mit einem solchen Phänomen umgehen müssen", sagte einer der Leiter der europäischen Luftraumüberwachung, Brian Flynn. Jeden Tag gebe es europaweit 28.000 Flugbewegungen. Ein nächtlicher Überwachungsflug der Küstenwacht mit Messungen über dem Vulkangebiet im südlichen Island ergab, dass der Vulkan schon weniger gefährliche Stoffe in die Atmosphäre ausstößt und an Kraft verloren hat. Wie eine Meteorologin des Instituts Reykjavik im Rundfunk angab, gelangt die Rauchwolke aus dem Gletscher nur noch in eine Höhe von sechs Kilometern - am Vortag waren es elf. Die Wolke habe jetzt auch eine veränderte und "reinere" Zusammensetzung, sie bestehe fast nur noch aus Wasser sowie Steinpartikeln. Die neuen Entwicklungen bedeuteten aber nicht, dass sich ein Ende des Ausbruchs abzeichne.

Asche "wie Hagel"

Vulkanasche kann für Flugzeuge sehr gefährlich werden. "Das ist wie Hagel - auf eine andere Art", sagte Airline-Chef Niki Lauda.  EU-Verkehrskommissar Siim Kallas nannte die Aschewolke "eine große Bedrohung für die Sicherheit der Luftfahrt." Bei zwei Vorfällen in den 1980er Jahren gerieten Maschinen des Typs Boeing 747 in solche Wolken. Alle vier Triebwerke fielen aus, die Flugzeuge gingen in einen Segelflug über. Erst nach Verlassen der Wolke konnten die Antriebe wieder gestartet werden. In Wolken aus Vulkanasche ist nur wenig Sauerstoff vorhanden, was zu Verbrennungsstörungen in den Triebwerken führt.

Tausende Hektar Land von Aschewolke bedeckt

Nach dem Ausbruch erreichte die Aschewolke über Island eine Höhe von elf Kilometern und bewegte sich mit rund 35 Kilometern pro Stunde in südöstliche Richtung. Experten zufolge sind die Winde entscheidend. "Falls der Ausbruch weitergeht und Asche aufgewirbelt wird, könnten wir im nächsten halben Jahr immer wieder Unterbrechungen des Flugverkehrs haben", sagte Bill McGuire vom Londoner Gefahrenforschungszentrum.

Tausende Hektar Land in Island waren von einer dicken Ascheschicht bedeckt, die Wolke verdunkelte den Himmel über dem Südosten der Insel.  Die schottischen Behörden warnten die Bevölkerung vor einer Gesundheitsgefährdung durch die Aschewolke. "Menschen, die im Freien sind und Symptome wie brennende Augen, eine laufende Nase oder trockenen Husten spüren (sollten) in ihre Häuser zurückkehren", empfahl das schottische Gesundheitsamt am Donnerstagabend. (APA/Reuters/red)