Das HTC Desire im Überblick, an der Verarbeitung gibt es nichts auszusetzen.

Foto: HTC

Statt Soft-Buttons beim Nexus One gibt es beim Desire Hardwareknöpfe, in der Mitte der optische Joystick.

Foto: HTC

Mit Sense verpasst HTC dem Desire seine eigene Oberfläche, im konkreten Fall auf Android 2.1 basierend.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Die "Leap"-Ansicht bietet einen Überblick auf alle sieben verfügbaren Home-Screens.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Das Friend-Stream-Widget führt Status-Aktualisierungen von Twitter, Facebook und Flickr zusammen.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Der Wechsel zwischen den geöffneten Tabs im Browser wird mit Miniaturansichten der Seite dargestellt.

Screenshot: Andreas Proschofsky

HTC hat den Browser um eine Auswahlfunktion für Textpassagen erweitert.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Der Mail-Client kann beim Desire durchaus überzeugen, und dies nicht nur in optischer Hinsicht.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Die Musikanwendung ist durchaus gut gelungen.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Als kleinen Bonus gibt es beim Desire einen FM-Radio-Player.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Mit dem Nexus One hat Google Anfang Jänner sein erstes "eigenes" Smartphone vorgestellt: Ausschließlich über den Online-Store des Softwareherstellers vertrieben, wird das Gerät aber natürlich nicht von Google selbst hergestellt, diese Aufgabe überlässt man lieber in diesem Bereich erfahreneren Partnern - im konkreten Fall HTC. Doch so vollständig will man bei dem Hardwarehersteller dann auch wieder nicht in den Hintergrund treten, mit dem HTC Desire ist nun seit kurzem ein neues Android-basiertes Smartphone im Handel, das in weiten Teilen ident mit dem Nexus One ist.

Eckdaten

So gibt es auch hier einen 3,7 Zoll großen AMOLED-Screen mit (theoretischen, dazu später noch mehr) 800x480 Pixel Auflösung, sowie eine äußerst flotte Snapdragon-CPU mit 1 GHz. Vor allem durch letztere hatte sich Google ja zu der - nicht wenig ironisierten - Bezeichnung als "Superphone" hinreißen lassen. Weitere Eckdaten im Schnelldurchlauf: Es gibt eine integrierte 5-Megapixel-Kamera mit LED-Flash, UMTS/HSPA sowie WLAN (802.11 b/g) sind ohnehin selbstverständlich. Der Anschluss an den Computer erfolgt per Micro-USB-Kabel, ein 3,5mm-Klinkenstecker für Kopfhörer wird ebenfalls geboten. Die Abmessungen betragen 60x119x12 mm, das Gewicht liegt bei 135 Gramm. Der interne Speicherplatz beträgt 512 MB, im Vergleich zu den meisten anderen Android-Smartphones relativ viel, trotzdem bleibt dies ein begrenzender Faktor für die Installation von Anwendungen und Spielen. Zwar lässt sich das Desire mit einer MicroSD-Karten erweitern - von Haus aus befand sich im Testgerät eine 4-GByte-Karte - dieser Raum soll aber erst in späteren Android-Versionen auch zur Programminstallation genutzt werden können.

Unterschiede

Im Detail gibt es dann aber auch den einen oder anderen Unterschied zum Nexus One, wohl einer der wichtigsten: Statt Soft-Touch-Buttons kommen beim Desire echte Hardwareknöpfe für die wichtigsten Funktionen - wie die Rückkehr auf den Home-Screen - zum Einsatz. Da die entsprechenden Elemente des Nexus One den Ruf haben nicht immer hundertprozentig korrekt zu reagieren wahrscheinlich nicht die schlechteste Entscheidung. Statt einem Trackball kommt hier ein optischer Joystick zum Einsatz, ein nützliches, aber von vielen wohl selten genutztes, zusätzliches Steuerelement. Interessanterweise bietet das Desire mit 576 MByte auch etwas mehr Hauptspeicher als das Nexus One (512 MB), ein kleiner Bonus um das Multitasking so richtig auskosten zu können. Verzichten muss man hingegen auf das beim Nexus One verbaute zweite Mikrofon zur automatischen Unterdrückung von Hintergrundgeräuschen, bei der Sprachqualität ergibt sich also ein kleiner Nachteil.

Haptisches

An der Verarbeitung des Desire gibt es nichts zu meckern, HTC hat hier ganze Arbeit geleistet. Auch wenn es vielleicht nicht ganz mit dem haptischen Erlebnis des - ganz auf Design ausgerichteten - "Legend" mithalten kann, liegt es mit seinen runden Formen und dem geringen Gewicht doch hervorragend in der Hand.

Bildschirm

Viel ist in den letzten Wochen über die Qualität des Displays des Nexus One geschrieben worden, und all dies gilt natürlich auch für das Desire - sowohl im Guten als auch im Schlechten. So kann der erste Blick gleich mal richtig überzeugen, denn der AMOLED-Screen bietet eine äußerst helle sowie farblich sehr intensive Darstellung der Oberfläche. Etwas näher betrachtet, offenbart sich dann aber auch so manches Problem: So sind die Farben deutlich übersaturiert, was zwar zunächst sehr ansprechend wirken mag, die Darstellung von Fotos aber auch auch erheblich verfälscht. Typisch für AMOLED-Screens zudem, dass sich das Desire im Sonnenlicht nur sehr schwer nutzen lässt.

Aufgelöst

Dazu kommt, dass die angegebenen 800x480 Pixel Bildschirmauflösung hier eigentlich nur ein theoretischer Wert sind, wie man bei Arstechnica  in einem schönen Stück Detektivarbeit herausgefunden hat. In der Kurzfassung: Beim Desire / Nexus One wird eine Technologie namens PenTile Matrix für den Aufbau des Bildes benutzt. Diese bringt mit sich, dass kein einzelner Pixel wirklich alle drei Grundfarben beinhaltet, zur vollständigen Darstellung müssen also auch Nachbarpixel herangezogen werden. Die reale Auflösung ist also deutlich niedriger, liegt in etwa bei 653x392 Pixel (auch wenn das von der jeweiligen Grafik abhängt). Sichtbar wird dies vor allem bei kleinteiligen Elementen, etwa bei der Schriftendarstellung im Browser. Hier bietet etwa das Motorola Milestone / Droid mit seinen "echten" 858x480 Pixel ein deutlich schärferes Bild. Allerdings sollte nicht vergessen werden, dass die verblieben Auflösung im Vergleich zu den meisten anderen am Markt erhältlichen Smartphones noch immer erheblich höher ist, zudem ist die Wahrnehmung der Bildqualität natürlich auch immer ein stückweit subjektiv.

Sense

Während die Hardware des Desire praktisch deckungsgleich mit jener des Nexus One ist, finden sich bei der Softwareausstattung deutliche Unterschiede: So hat HTC dem Desire seine Sense-Oberfläche verpasst, entgegen früheren Geräten basiert diese nun auf dem aktuellen Android 2.1. Entgegen so mancher Android-Anpassung anderer Hersteller ist Sense tatsächlich äußerst gut gelungen, HTC verpasst dem mobilen Betriebssystem hiermit ein stark auf Widgets zentriertes, hübsch gestaltetes Interface - und fügt gleich noch das eine oder andere Feature ganz neu hinzu, ohne jedoch die Betriebssystembasis all zu sehr zu verändern.

Home

Mit der aktuellen Sense-Generation erhöht man die Anzahl der verfügbaren Home-Screens von fünf auf sieben, um in dieser Fülle nicht den Überblick zu verlieren, hat man zudem eine "Leap" genannte Übersicht integriert. Wahlweise über den Home-Screen-Knopf oder eine "Pinch"-Geste aufgerufen, stellt diese alle Oberflächen miniaturisiert nebeneinander dar, mit einem Fingerdruck geht es dann umgehend zur gewünschten Umgebung. Ein kleiner Wermutstropfen: Die Ansicht wird nicht live aktualisiert, es wird also jeweils der Stand des letzten Besuchs auf den einzelnen Screens angezeigt.

Online

Einen Schwerpunkt von Sense bildet zweifelsfrei die Integration von diversen Online-Services: So können direkt in den Systemeinstellungen neben GMail und Exchange-Accounts auch Flickr-, Facebook- und Twitter-Zugänge eingetragen werden. Diese Informationen werden dann an verschiedenen Stellen im System genutzt, so führt etwa ein neues "Friend Stream"-Widget die diversen Status-Aktualisierung an einem Ort zusammen. Etwas verwirrend allerdings, dass es bei den Einstellungen zwei Punkte für "Facebook" und "Facebook für Sense" gibt, wobei der Eintrag bei einem den anderen deaktiviert. Konzeptionell kommt sich hier HTC also offenbar mit der fix bei Android 2.1 gebotenen Facebook-Integration in die Haare.

Galerie

Bei der restlichen Softwareausstattung gibt es ebenfalls klare Unterschiede zum Default-Android, so liefert HTC etwa eine eigene Anwendung zur Bilderanzeige, die sich immerhin als äußerst flüssig erweist (und im Gegensatz zur Nexus-One-Galerie die Bilder auch in voller Farbtiefe zeigt, Google schummelt hier mit einer Reduktion auf 16 Bit). Zudem gefällt die Integration mit Flickr, umgekehrt vermisst man aber die Picasa-Anbindung.

Musikalisches

Eines der Highlights von Sense ist sicher die hübsch gemachte Musik-Player-Anwendung - samt eigenem Widget - hier hat das Original-Android ja noch einigen Aufholbedarf. Apropos gelungene Anwendungen: Der mitgelieferte Twitter-Client "Peep" kann sich durchaus sehen lassen, auch wenn er nicht ganz mit der Funktionsvielfalt von Twidroid, Seesmic und Co. mithalten kann. Der von HTC gelieferte Exchange-Mail-Client bietet hingegen nicht nur mehr Funktionen als die Default-Lösung (z.B. das Verschieben von Nachrichten in andere Ordner), er verzichtet auch auf so manchen nervigen Bug der offiziellen Android 2.1-Lösung (etwa die fehlerhafte Zimbra-Anbindung).

Spielereien

Die animierten "Live Wallpapers" werden beim Desire ebenfalls geboten, auch wenn diese natürlich nicht mehr als eine nette Spielerei sind. Noch dazu eine, die Strom verbraucht, die Laufzeit des Geräts also reduziert, auch wenn sich das im Test nur äußerst gering bemerkbar machte. Allgemein kann die Laufzeit des Desire übrigens durchaus überzeugen, der 1.400 mAh starke Akku zeigt in Kombination mit einem über die letzten Versionen deutlich sparsamer gewordenen Android-System hier sein Stärken. Konkrete Werte hängen freilich stark vom eigenen Nutzungsverhalten ab, wer das Desire intensiv nutzt, wird also auch hier nicht um das nächtliche Aufladen herumkommen. Nett ist die Integration einer FM-Radio-Anwendung, wird damit doch eine Funktionalität genutzt, die beim Nexus One bislang brach liegt. Das betreffende Programm ist zwar etwas gar spartanisch ausgefallen, trotzdem ein erfreulicher kleiner Bonus.

Der richtige Touch

Da das Desire keine Hardwaretastatur bietet, kommt der Touchscreen-Eingabe hier besondere Bedeutung zu, eine Relevanz, der man sich bei HTC offenbar durchaus bewusst ist: Die virtuelle Tastatur von Sense kann rundum überzeugen, lediglich jene des iPhone ist vielleicht noch einen Tick besser, vor allem in Hinblick auf deren Präzision.

Kamera

Die 5-Megapixel-Kamera liefert durchaus ansprechende Ergebnisse, auch wenn sie bei schlechten Lichtverhältnissen zu schwächeln beginnt. Dies macht sich vor allem bei Videoaufnahmen bemerkbar, wo es bei der maximalen Auflösung von 800x480 Pixel schon mal "hakt". Positiv an der Fotosoftware ist zu vermerken, dass sich über den Touchscreen gezielt ein Fokus festlegen lässt, mit Farbkorrektur, Geolocation und automatischer Gesichtserkennung gibt man sich auch sonst keine Blößen.

Browser

Ein Bereich, in dem die Power der Snapdragon-CPU besonders gut zum Tragen kommt, ist das Surfen im Web, Seiten werden hier einfach spürbar flotter angezeigt als bei der Konkurrenz. HTC hat auch in diesem Bereich so manche Anpassung vorgenommen, so erfolgt etwa der Wechsel zwischen mehreren Tabs effektvoll mit Miniaturansichten der betreffenden Seiten. Zudem wurde "Flash Light" integriert, all zu hohe Erwartungen sollte man daran in Hinblick auf Performance und Funktionalität allerdings nicht haben. Positiv fällt hingegen die Möglichkeit, einzelne Text-Teile gezielt auszuwählen, auf. Entsprechende "Schnippsel" können dann auch gleich auf Wikipedia gesucht oder an andere weitergeleitet werden. Nützlich: Beim Weiterleiten an Twitter die zugehörige URL automatisch verkürzt.

Synchron

Der Abgleich mit Windows-Rechnern kann per HTC-Sync erfolgen, wer einen GMail-Account angibt kann diesen natürlich ebenso zum Online-Abgleich nutzen. Praktisch zudem, dass es HTC ermöglicht, automatisch Backups der wichtigsten Einstellungen auf die SD-Karte zu speichern, sollte einmal etwas schief gehen und ein "Factory Reset" notwendig sein, kann die eigene Umgebung also leicht wieder hergestellt werden.

Anwendungen

Wer Android vollständig nutzen will, wird sich wohl kaum auf die Default-Anwendungen des Desire beschränken, immerhin locken im Android Market mittlerweile bereits mehr als 40.000 Programme - Tendenz: Stark steigend. Die Begeisterung darüber wäre allerdings noch uneingeschränkter, wenn Google nicht dauernd mit dem vollständigen Freischalten einzelner Modelle patzen würde: So konnten mit dem Testgerät einige interessante Anwendungen nicht aufgespürt werden, allen voran Google Earth. Zwar lässt sich dies auch auf anderem Weg besorgen - da der Android Market im Gegensatz zum App Store von Apple ja die Installation externer Programme erlaubt - mühsam bleibt dies allemal trotzdem.

PlusPlus

Zusammenfassend kann das Desire beinahe rundum überzeugen, vor allem bei der Geschwindigkeit kann eigentlich kaum ein anderes derzeit verfügbares Smartphone mithalten. Das Sense-Interface von HTC ist bestens gelungen, mit Android 2.1 hat man zudem eine mittlerweile ziemlich robuste Basis gefunden. Das Widget-Konzept ist konsequent durchgezogen, die Integration der diversen Online-Services würde man sich eigentlich auch vom offiziellen Android erwarten - immerhin steht dort ja mit Google ein einschlägiges Unternehmen dahinter. Geschmackssache bleibt hingegen der Bildschirm, insofern gilt der Tipp: Vor dem Kauf einfach mal selbst ausprobieren.

Verfügbarkeit

Das HTC Desire ist seit Kurzem in Österreich erhältlich, samt Mobilfunkvertrag gibt es diese etwas bei Orange  und A1, je nach gewähltem Tarif starten die Preise hier bei 79 bzw. 99 Euro. (Andreas Proschofsky, derStandard.at, 18.04.10)