Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) ermittelt bald auch im iranischen TV.

Foto: ORF/Max Berner

Bis zu einem Drittel weniger Aussteller kamen heuer zur Fernsehmesse Mip-TV nach Cannes, mindestens ebenso hoch dürfte der Besucherschwund sein. Im Vergleich zu den Vorjahren sind die Gänge mitunter gespenstisch leer: Die weltweite Finanzkrise macht sich im Palais des Festivals überdeutlich bemerkbar.

Weggebrochen sind etwa die vielen kleinen, unabhängigen Produzenten. Sie rechneten sich zu wenige Erfolgschancen aus, als dass sie in die kostspieligen Stände investieren wollten: "Das war noch nie so", staunt ORF-Chefhändlerin Beatrice Riesenfelder. Selbst Großproduzenten wie Sony International diskutieren, ob sie nur noch im Herbst zur Händlermesse Mipcom nach Cannes fahren sollen und den Frühling auslassen. Normal schickt Sony rund 100 Händler, diesmal sind es nur 30. "Die Mip-TV ist zu nahe an den L. A. Screenings", erklärt Kerstin Gühne, Sony-Verkaufschefin in Deutschland.

Mit der Krise sinkt das Angebot: "Es gibt nicht mehr so viele Produktionen am Markt", sagt Riesenfelder. Die Sender sparen, geben weniger Eigenproduktionen in Auftrag und kaufen mehr, um ihr Programm günstig zu bestücken. Das hat nicht nur Nachteile: Weniger Produktionen erhöhen gleichzeitig die Marktchancen. Manches wird fast aus der Hand gerissen, sofern der Name des Anbieters über entsprechende Imagestärke verfügt: "Es kommt zu schnelleren Abschlüssen", bestätigt Riesenfelder den Trend zum Spontankauf. Die Digitalisierung kurbelt Märkte zusätzlich an: Innerhalb eines Territoriums wollen mehrere Sender das gleiche Produkt lizenzieren: Wer zuerst kommt, sichert sich die verbreiterte Verwertungspalette über TV, DVD bis zu Video-on-Demand.

Gleichzeitig findet ein teilweise dramatischer Preisverfall statt. Besonders die USA verfolgen eine unerbittliche Käuferstrategie und drücken, wo es nur geht. Branchenkenner sprechen von Absprachen. Daraus ergeben sich Preise, die um 50 bis 80 Prozent niedriger als zum Vorjahr liegen. National Geographic zahlt für eine 60-minütige Dokumentation statt 60.000 Euro nur noch 30.000 Euro. "Das ist der Tod für Produzenten, die keinen starken Hintergrund oder keinen starken Sender haben", analysiert Riesenfelder.

200 Abschlüsse

"Überdurchschnittlich gut", verkaufte der ORF, sagt Riesenfelder. Das iranische TV-Publikum schaut nach "Trautmann" und "Soko Kitz" demnächst österreichische "Tatort"-Folgen. 110 ORF-Doku-Stunden gehen nach Italien. Russland, Polen und Kanada kauften "Universum"-Folgen. Al-Jazeera erwarb "Der große Graben". Insgesamt schloss der ORF rund 200 Verkäufe ab, Riesenfelder schätzt das Volumen auf 500.000 Euro.

Beim "Universum-Dinner" stellte der ORF 3-D-Projekte vor: Großes Interesse zeigten laut Riesenfelder asiatische Länder an den Dokus Planet Human und Little Monsters. Hierzulande hapert es vorläufig an den Verbrauchermärkten: Noch sitzen Elektronikhersteller auf ihren 3-D-tauglichen Geräten. (Doris Priesching aus Cannes/DER STANDARD, Printausgabe, 16.4.2010)