Wien - Sollten die insgesamt 31 im algerischen "Sahara-Dreieck" vermissten Touristen entführt worden sein, ist das eher nicht die Handschrift lokaler Tuareg-Gruppen: Mag. Kurt Wollinger, Jurist bei der NÖ Landesregierung und Sahara-Kenner, würde Kidnapping den Tuaregs nicht zutrauen. Das sagte der Spezialist heute, Montag, zur APA. Wollinger war bis 1992 rund fünfzehn Jahre hindurch vor allem in der algerischen Sahara unterwegs und wurde selbst im algerisch-nigrischen Grenzgebiet überfallen.

Revolten

"Das war 1992. Seither bin ich nicht mehr in das Gebiet gereist", sagte Wollinger. Er interessiere sich aber nach wie vor für die Gegend. "Man hat immer wieder Berichte über Revolten von Tuareg-Gruppen gegen die Zentralregierung in Algier gehört", erklärte der Jurist. Islamistische Gruppen hätten hingegen vor allem im Norden - im Atlasgebirge - operiert.

Ein Problem bei Reisen in die algerische Sahara sei der Informationsfluss nach Europa, betonte Wollinger. So habe er vor Antritt der Fahrt im Jahr 1992 keine Nachrichten über Tuareg-Revolten gehabt. Diese Meldungen habe es dann erst an Ort und Stelle gegeben.

Nicht um Leben gebangt

An den Überfall selbst konnte sich Wollinger noch genau erinnern. Er war damals mit einem zweiten Mann und zwei Geländewagen unterwegs: "Wir fuhren im algerisch-nigrischen Grenzgebiet, aber noch auf algerischer Seite. Uns kamen angebliche Tuaregs - ich weiß bis heute nicht, ob sie echt waren oder verkleidet - mit zwei Pickups entgegen und gestikulierten wild, dass wir stehenbleiben sollten." Ihm sei das seltsam vorgekommen, denn solange jemand in der Wüste in Bewegung sei, "hat er kein großes Problem".

Dann sei einer der Männer von dem Pickup auf sein Fahrzeug gesprungen, berichtete Wollinger. Er habe Gas gegeben und den Räuber abgeschüttelt. Sein Reisepartner sei aber zum Stehenbleiben gezwungen worden und musste den Wagen abliefern. "Wir haben aber zu keinem Zeitpunkt um unser Leben fürchten müssen", so der Jurist.

Nachschub-Beschaffung

Es sei den Tuareg offenbar um Nachschub-Beschaffung für den Aufstand gegen die algerische Regierung gegangen. Von Kidnapping durch die Wüstenbewohner habe es bisher noch nie Meldungen gegeben. Das könne vielleicht eher als Indiz für einen terroristischen Hintergrund gewertet werden, aber er selbst beziehe seine Nachrichten ebenfalls nur aus Medien, betonte Wollinger.

Der Beamte wies auch die Kritik der algerischen Regierung an den vermissten Touristen zurück. Diese seien gut ausgerüstet und nicht allein unterwegs gewesen. Er selbst habe in den fünfzehn Jahren ebenfalls nie einen Führer dabei gehabt. Die Kritik sei eher in einem ökonomischen Kontext zur Unterstützung der eigenen Tourismusbranche zu sehen. (APA)