Der Vulkan spuckte Asche, Flieger blieben am Boden - der Kurztrip nach Berlin begann am Donnerstag arg zu wackeln - Flugtermin: Freitag Früh. Gegen halb neun am Abend vermeldeten die Agenturen, dass mittlerweile auch die Berliner Flughäfen dicht sind - geteilter Himmel über Europa.

Mit dem Optimismus der Vorfreudigen packten die Reisebegleitung und meine Wenigkeit kurzerhand die bequemen, großen Rollkoffer um (es wäre wegen dem Shopping gewesen) in weniger chice, aber dafür leichter handhabbare Tramper-Rucksäcke - Treffpunkt: Wien Westbahnhof. Schließlich kommt man nach Berlin ja nicht nur durch die Lüfte - allerdings war ein Buchen, Online-Ticketkaufen oder sonstiges Reservieren von Plätzen nicht mehr möglich, auch nicht für den Zug um 5:50 Uhr am nächsten Tag.

Die letzten beiden Liegewagenplätze für Damen ergattert, fanden wir uns in einer illustren Reisegruppe wieder: Zwei Businessdamen, die mit Stöckelschuh und Kostümchen eigentlich auch schon in ihren Fliegern saßen, dann aber höflichst darum gebeten wurden, diese wieder zu verlassen: Berlin mit dem Flugzeug - geht nimmer, hieß die kurze Botschaft. Eine ältere Dame aus Schweden, die irgendwie wenigstens in die Richtung ihrer Heimat kommen wollte. Die sechste Mitreisende wäre ohnehin mit dem Zug gefahren - Fliegen war nicht so das ihre.

Einige Herren hatten weniger Glück: in dem heillos überfüllten Zug gab es nicht einmal mehr freie Sitzplätze - nach dem "Raus aus dem Flugzeug" hieß es nun "Raus aus der Bahn". Überhaupt tummelten sich in dem Nachtzug Leute, die es sonst nicht so mit dem Reisen auf Schienen haben dürften: allein die Masse an Menschen in Businessklamotten in der zweiten Klasse im Liegewagen, war selbst für den Schaffner eine Herausforderung - dem Absatz an Bier dürfte es aber nicht geschadet haben. Schließlich gab es was zu feiern, vor allem, wenn man an den folgenden Tage die Fotos von Flughäfen in so gut wie ganz Europa gesehen hat.

Der langen Rede kurzer Sinn: Die Reise fand statt. Touristen waren immer noch genug in Berlin - aber irgendwie fühlte es sich nach weniger an. Ob man vom Fernsehturm in Richtung Flughafen Berlin Tegel oder in Richtung der stillgelegten Landebahnen in Tempelhof blickte, war eigentlich egal - Flugzeuge gab es nirgends zu sehen. Die Rückreise erfolgte übrigens auf genau demselben Wege wie die Hinfahrt: Per Zug über Nacht retour nach Wien.

In Analogie zum "Slow Food" konnte man auf diese Weise "Slow Travel" erfahren. Auch wenn es anders geplant war, manchmal tut ein bisschen Entschleunigung ganz gut. Dem isländischen Vulkan verdanken nicht zuletzt viele Flughafen-Anrainer das erste Flugzeug-freie Wochenende seit Beginn der zivilen Luftfahrt. (derStandard.at, 20.4.2010)