David Moshaev: Ein Name, ein Logo

Foto: derStandard.at

Drei Satelliten sorgen für internationales TV-Programm im "Buchara Palace"

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Der Mittagsteller wird gerade verdaut, zum Abendessen fehlen noch ein paar Stunden. David Moshaev nutzt die Zeit, um mit dem Hochdruck-Reiniger den Boden abzuspritzen. Es regnet zwar, und schmutzig ist es auch nicht. Auch wirkt der 20-Jährige etwas unbeholfen. Doch irgendetwas muss er ja tun: Schließlich ist er der Chef.

Wer den Volkertmarkt nahe dem Praterstern besucht, betritt das Imperium von "King David". Bäckerei, Fleischerei, Imbissbude und Gemüseladen sind Moshaevs Eigentum. Überall prangt das Logo mit dem Davidstern und den Insignien - "King David" steht darunter. Vor zwei Jahren hat Moshaev begonnen, Marktstand für Marktstand zu erwerben. Vor kurzem sperrte er sein Obst- und Gemüsegeschäft auf - vorerst der letzte Spielzug im Volkermarkt-Monopoli: "Sonst bin ich die persönliche Finanzkrise."

"Das will ich alles neu machen"

Es begann vor zwei Jahren. Der damals 18-jährige Moshaev war nach einem vierjährigen Israel-Aufenthalt nach Wien zurückgekommen und wünschte eine "Pause vom Studium". "Ich habe den Volkertmarkt gesehen und zu meinem Vater gesagt: Das will ich alles neu machen." Und so kam es: Aus dem alten koscheren Imbiss wurde der "Buchara Palace", der ehemalige Blumenmarkt gegenüber von dessen Speisesaal. Dazu kamen eine koschere Fleischerei, ein Wursthaus und die Bäckerei. Und zuletzt der Obst- und Gemüsehandel. Und das Geld dafür? "Hoch lebe der Kredit", sagt Moshaev. Vom Vater "wollte ich nichts nehmen". Nichts, bis auf die Bürgschaft und gute Beziehungen.

Bei gutem Wetter ist der Imbissladen gut besucht. Studentinnen versorgen sich mit bunt gefüllten Falafel-Pitas, AnrainerInnen kommen fürs Mittagsmenü. "Russische Sänger und der usbekische Botschafter" gehörten genauso zu den Stammgästen wie BewohnerInnen des Grätzels, betont Kellner Alberto.

Der Rabbiner sperrte auf

In der Fleischerei hingegen seien die KundInnen "zu 99,9 Prozent Juden", sagt Rafailov. Lamm, Rind und Pute sind hier nicht nur koscher, sondern glatt - also nach strengsten Reinheitsregeln geschlachtet. Lange Zeit hieß das, dass der Chef nicht einmal den Schlüssel zum Geschäft haben durfte - jeden Morgen sperrten Beauftragte des Rabbiners auf, jeden Abend zu. Nach längerem Betteln - "wir müssen ja auch manchmal rein" - rückte der Rabbi den Schlüssel heraus. Aber nur gegen die Zusage, dass die Kühlschrank-Schlösser versperrt bleiben.

Im gegenüber liegenden Produktionshaus wird das frisch gelieferte Fleisch zerlegt. Die Stiere und Lämmer sind nicht nur tot, sondern auch halbiert, wenn sie hier ankommen: Nur von Kopf bis Hüfte ist Fleisch wirklich koscher. Hüftabwärts, "das kriegen die Moslems und Christen", sagt Rafailov. In teuer angeschafften Wurstmaschinen "made in Austria" wird hier Faschiertes und Extrawurst produziert. Die Semmel dazu kommt aus Moshaevs koscherer Bäckerei.

"Das wäre ein toter Markt"

Der Koch im Buchara-Palace verwendet heute nur Zutaten aus den familieneigenen Betrieben. Markt-Monopol statt guter alter Standl-Vielfalt? Oren Rafailov, Moshaevs rechte Hand, widerspricht: "Wenn Herr Moshaev das nicht alles übernommen hätte, wäre es ein toter Markt."

Dem widersprechen AnrainerInnen. Um den Vorbesitzer zum Verkauf des Obst- und Gemüseladens zu bewegen, sei eine Menge Geld geflossen, erzählt man sich am Markt. Wozu der Aufwand? Von hier aus beliefere man "alle anderen Unternehmen", sagt Moshaev. Um zwei zu nennen: Das Naschmarktbeisl, das Moshaevs Mutter gehört, sowie das ElferBräu in der Simmeringer Hauptstraße.
Wer mehr erfahren will, wird vertröstet. Er habe "viel zu tun", sagt Moshaev, der fürs geplanten Interview dann doch nur zehn Minuten Zeit hat. Was ihn so beschäftige? "Was ein Manager eben so tut: Putzen, Kontrollieren."

In Manhattan geboren

"Ich habe das alles allein gemacht", sagt der Jungunternehmer, der in Manhattan geboren, mit sechs Jahren nach Wien und mit 14 Jahren nach Tel Aviv, und mit 18 wieder nach Wien gezogen ist. Dennoch trifft man ihn kaum alleine an. Ein Buchhalter hier, ein Berater da, ein Techniker dort: Irgendwer ist immer da, um um Rat zu fragen. "Sein Vater wollte ihn aufbauen", meint ein Kollege.

Das dürfte soweit gelungen sein. "King David" steht auch auf der Satellitenschüssel auf dem Imbissladen. Seine Zukunftsvision? "Mehr Spieße anbieten als alle anderen bucharischen Restaurants in Wien. Mit Lammhoden, Hühnerherzen, solchen Sachen. Die Leute lieben das", sagt Moshaev. Eine Weile überlegt er noch. "Und Millionär werden." (Maria Sterkl, derStandard.at, 22.4.2010)