Prishtina/Belgrad - Die Aktion begann am Freitag und wurde am Samstag beendet: Ohne Vorwarnung montierten Techniker der kosovarischen Telekommunikationsbehörden, begleitet von bewaffneten Sondereinheiten der Polizei, alle Antennen und andere technische Anlagen der Mobilfunkbetreiber aus Serbien im Zentralkosovo ab. Betroffen waren die serbische Telekom, die heuer in einem Ausschreibungsverfahren verkauft werden soll, und die norwegische Telenor. Über 100.000 Kunden, vorwiegend Serben, blieben über Nacht ohne Signal. Gleichzeitig wurden das Netz serbischer Radiosender im Kosovo (Kosma) und die regionalen serbischen TV-Sender Puls und Herc abgeschaltet. Offenbar als Reaktion darauf wurde eine Basisstation des albanischen Mobilfunkbetreibers Ipko in die Luft gesprengt.
Das sind die Fakten. Prishtina und Belgrad deuten sie, wie immer, völlig verschieden. Die Regierung des Kosovo verkündete, dass die Aktion "keinen politischen Hintergrund" habe und "nicht gegen einzelne Volksgruppen gerichtet" sei. Das Ziel sei gewesen, Ordnung in dem chaotischen Telekommunikationsbereich zu schaffen, denn die Mobilfunkbetreiber aus Serbien hätten im Kosovo keine Lizenz und würden "illegal" arbeiten. Von der Aktion wurde der vorwiegend von Serben bewohnte Norden des Landes vorerst ausgenommen, um die einkalkulierte Protestwelle der Serben in Grenzen zu halten.
Die Vertreter der im Kosovo lebenden Serben sprachen von einem "gezielten Druck" der albanischen Behörden, der die serbische Bevölkerung zum Aussiedeln aus dem Kosovo bewegen solle. Serbische Journalistenverbände kritisierten scharf einen gegen die Medienfreiheit gerichteten "Vandalismus" der Regierung in Prishtina. Serbiens Premier Mirko Cvetković sprach von einem weiteren Versuch, die Serben im Kosovo zu "isolieren". Aus der Sicht Belgrads ist die "Nacht-und-Nebel- Aktion" eine "Attacke gegen das serbische Volk" und eine grobe Verletzung des internationalen Rechts und der Menschenrechte. Telekom und Telenor würden aufgrund der noch 1999 von der UN-Verwaltung (Unmik) erteilten Lizenz arbeiten, hieß es.
Offen bleibt, welche internationale rechtliche Instanz überhaupt zuständig ist für den bevorstehenden Rechtsstreit zwischen Belgrad und Prishtina über die Mobilfunkbetreiber im Kosovo. Die EU-Mission im Kosovo (Eulex) akzeptiere die Entscheidung der kosovarischen Regulationsbehörde, erklärte jedenfalls Eulex-Mediensprecherin Irina Gudeljević. (DER STANDARD, Printausgabe 26.4.2010)