An diesem wunderschönen Frühlings-Sonntag sind ein paar tausend Wahlbeisitzer in Schulen und Amtshäusern zu finden gewesen - weil es die Demokratie so befiehlt. Man sollte ihnen für die traurige Bezeugung der Wahlmüdigkeit danken; die geringe Wahlbeteiligung war nicht ihre Schuld.

Aber parallel dazu sind auch diverse Mitglieder von Arbeitsgruppen und -kreisen des Finanzministeriums - samt nichtbeamteten Experten - zusammengesessen. Es soll, so der Plan, ab sofort die Gunst der Stunde genützt werden, die Steuererhöhungen auf Schiene zu bringen. Die "Aktion Scharf" gegen Steuersünder, Sozialschmarotzer und organisierte Pfuscher etc. ist nur der erster Schritt, das Bündel neuer Gesetze so schnell wie möglich zu schnüren. Gut also, dass der neue Bundespräsident keine Einarbeitungszeit braucht. Es wird aber sein ganzes Geschick erforderlich sein, zwischen den Fronten zu vermitteln. Fronten? Tatsächlich steuern wir in die nächste Koalitionskrise hinein. Denn es ist undenkbar, dass die Parteifunktionäre von Rot und Schwarz die auf uns zukommenden Steuern und Budgetsanierungsmaßnahmen einfach hinnehmen werden:

Die SPÖ wird alles tun, Sozialleistungen zu retten. Und weil man schon Blut geleckt hat, wird man weitere Staatsanwälte zur Jagd auf Spekulanten und Defraudanten antreiben. Motto: Alles gegen die "Reichen".

Die ÖVP-Funktionäre des ÖAAB wiederum werden keine generelle Beschneidung ihre Gehaltsprivilegien zulassen und sich einen Schmarrn um die hochdringliche Verwaltungsreform scheren. Ähnlich die schwarze Industrie, die die derzeitige Unternehmensbesteuerung mit Zähnen und Klauen verteidigen wird.

Weil der schwarze Finanzministermister aber mit dem Rücken zur (Schulden-) Wand steht und ein Budget verabschiedet werden muss, kann man mit dem Fingerzählen beginnen, in wieviel Tagen die Streithälse aneinandergeraten. Gerade jetzt würde das Land aber eine solide und feste Regierung brauchen. Ist das der Fall? Der Innenpolitiker Heinz Fischer weiß, dass die Burgenländischen Landtagswahlen in fünf Wochen zwar noch kein Grund sein werden, die Koalition zu sprengen - es dann aber dramatisch wird (Steiermark, Wien) Also genau gesagt: Kann der Bundespräsident nach den Freundlichkeiten am Wahlabend bewusst machen, wie gefährlich die derzeitige Wirtschaftslage ist? Kann man in den Parteizentralen und in derh Hofburg zumindest bis erbst rabiate Funktionäre beruhigen? Und kann der neugewählte Erste Mann im Staat Patriotismus einfordern und Opfer abverlangen? Allen Schönredereien zum Trotz - Nationalratswahlen sind das letzte, was das Land braucht, natürlich. (Hans Magenschab, DER STANDARD, Printausgabe, 26.4.2010)