Ulla Konrad, Kurt Scholz, Brigitte Bierlein, Caroline List, Waltraud Klasnic, Udo Jesionek und Hubert Feichtlbauer (v. links).

Foto: Matthias Cremer

Wien - Etwa 100 Opfer haben sich bisher an Waltraud Klasnic gewandt, wie sie sagt. Am Montag präsentierte die von der römisch-katholischen Kirche im Missbrauchsskandal eingesetzte "Opferschutzanwältin" die Mitglieder der Kommission, die sich diese Woche konstituiert. Erzbischof Christoph Kardinal Schönborn habe die acht Namen Sonntagabend erfahren und zur Kenntnis genommen, so Klasnic. Die ehrenamtliche Mitarbeit übernehmen:

  •  Brigitte Bierlein, seit 2003 Vizepräsidentin des Verfassungsgerichtshofs, davor 25 Jahre lang in der Strafjustiz tätig;
  • Hubert Feichtlbauer, Publizist, Vorsitzender der Plattform "Wir sind Kirche" Katholik mit "kritischer Loyalität", wie er sagt;
  • Reinhard Haller, Psychiater und Neurologe, der nach eigenen Angaben in seiner Tätigkeit hunderte Gutachten erstellt hat "zu den für die Opferschutzkommission relevanten Fragen";
  • Udo Jesionek, Präsident der Opferorganisation "Weißer Ring", der "ehrlichen Willen" der Kirche sieht, den Betroffenen zu helfen;
  • Ulla Konrad, Präsidentin des Berufsverbands Österreichischer Psychologen, die zu dem Thema die "Tragweite für die Betroffenen aus Sicht der Psychologie" in die Kommission einbringen möchte;
  • Werner Leixnering, Leiter der Abteilung für Jugendpsychiatrie der Landesnervenklinik Linz;
  • Caroline List, Richterin am Oberlandesgericht Graz und Mitbegründerin des Vereins Forum gegen Sexuellen Missbrauch;
  • Kurt Scholz, langjähriger Wiener Stadtschulratspräsident und Restitutionsbeauftragter der Stadt Wien, der sagte, er habe sich zur Mitarbeit entschieden, als für ihn "das Schweigen" der Politik zur Einrichtung einer staatlichen Kommission "zu laut" geworden sei. Grüne-Justizsprecher Albert Steinhauser hatte eine solche statt Klasnics Kommission gefordert. Kritik war auch von der "Plattform Betroffener kirchlicher Gewalt" gekommen: Sie hatten Klasnics Kommission als "PR-Gag" bezeichnet.

Klasnic sagte, sie sitze der Kommission - deren Vorschläge bindend seien - zwar vor, habe auf eigenen Wunsch aber kein Stimmrecht. In der Kommission werde nicht jeder Fall behandelt, sondern jene, "die einen bestimmten Betrag übersteigen, deren Bearbeitung vor Ort nicht zu lösen ist oder wenn Opfer ausdrücklich mit der Kommission sprechen wollen". An sie wenden, könne sich aber jeder. Ein Opferfonds sei nicht vorgesehen, es stünden aber "ausreichend Mittel zur Verfügung". Die Kommission hat ein Büro in Wien (Bösendorferstraße 4, 01/29 53 838) und ist online erreichbar unter www.opfer-schutz.at.

Schönborn auf Rombesuch

Vergangenen Mittwoch ereilte Schönborn der Ruf aus Rom - offiziell zur turnusmäßigen Kongregationssitzung. Sein Sprecher Erich Leitenberger sagt, er glaube nicht, dass die aktuelle Missbrauchsdebatte auf der Tagesordnung stand. Nicht näher kommentieren wollte Leitenberger Gerüchte, Schönborns Teilnahme am Bußgottesdienst mit der kritischen Plattform "Wir sind Kirche" im März sei bei einigen Kongregationskollegen nicht gerade auf Gefallen gestoßen. Leitenberger: "Klerikale Kaffeesudleserei".

In Deutschland überarbeiten die katholischen Bischöfe derzeit die Leitlinien zum Umgang bei sexuellem Missbrauch. (Markus Rohrhofer, Gudrun Springer/DER STANDARD-Printausgabe, 27.4.2010)