
Florian Hauser und Doris Passler kämpfen für ein paar ruhige Ecken in ihrer sehr urbanen Nachbarschaft
Wien - Grüne Wiesen, breite Gehwege, mitten drin ein großer Schwimmteich - ursprünglich sollte eine großzügige Parkanlage das Herzstück des neuen Wohnviertels südlich der Gasometer bilden. So stand's jedenfalls in den Prospekten, mittels derer die Stadt Jungfamilien in die Genossenschaftsbauten zwischen Hallergasse und Otto-Herschmann-Gasse lockte.
Urbanes Dorf auf dem ehemaligen Industrieareal
Ein urbanes Dorf mit neuer Architektur und vielen freien Flächen war auf dem ehemaligen Industrieareal geplant. "Man hat uns hier Wohnraum in Ruhelage verkauft", sagt Doris Passler von der Bürgerinitiative "Mehrwert Simmering ohne B228". Mit der Ruhe ist es aber möglicherweise bald vorbei. Mittendurch soll eine neue Stadtautobahn führen, die Pläne dafür gibt es seit Jahren. "Wir haben erst im letzten September überzuckert, wie breit diese Straße wirklich werden soll", sagt Passler. Zwar sei auch auf den Plänen, die man Wohnungsinteressenten vorlegte, eine Straße eingezeichnet gewesen, "die hat aber nicht wie eine dicht befahrene Durchzugsstraße ausgesehen".
Die neue Straße
Die B228 ist als Direktverbindung der Südosttangente bei St. Marx mit der Ostautobahn bei der Simmeringer Haide gedacht. Derzeit läuft eine Verkehrsuntersuchung, mittels der überprüft werden soll, wie breit die neue Straße wirklich werden soll - und wo diese idealerweise verläuft. "Man wird sich die Ergebnisse anschauen und dann die weiteren Schritte überlegen", sagt Martin Schipany, Sprecher von Planungsstadtrat Rudolf Schicker (SP).
Schmale Variante statt vierspurige Durchzugsstraße
Grundsätzlich können auch die Mitglieder der Bürgerinitiative mit einer neuen Straße vor dem Fenster leben. "Wir wehren uns nicht prinzipiell gegen das Projekt - da würde uns ja niemand mehr ernst nehmen", sagt Villa-Verde-Bewohner Florian Hauser. Es gehe vielmehr darum, die vierspurige Durchzugsstraße zugunsten einer wesentlich schmäleren Erschließungsstraße zu verhindern. Nächste Woche wollen Passler und Hauser Schicker Unterschriften gegen die Stadtautobahn überreichen.
Derzeit schaut das Südfeld beim Gasometer noch ziemlich trist aus. Neu und gepflegt sind nur die drei schrägen Wohntürme Villa Verde und die "Fünf Schwestern" genannte Siedlung auf der anderen Seite. Dazwischen Baracken, Werkstätten und holprige Wege. Früher wurde das Gelände hauptsächlich von Gärtnereibetrieben genutzt, ein Großteil gehört der Stadt.
Peter Lorenz-Pläne sehen viel noch Natur vor
Die ersten Pläne für eine neue Straße mitten durchs Gemüse stammen aus dem Jahr 1969. "Damals war das ja auch noch kein Wohngebiet", sagt Passler. Im von Architekt Peter Lorenz im Auftrag der Stadt erarbeiteten Strukturplan "Mehrwert Simmering" aus 2002 nimmt jedenfalls gepflegte Natur viel Platz ein. Den fast 18 Hektar Baufläche stehen sechs Hektar Grünraum gegenüber.
Neuer Fuß- und Radweg war geplant
Auch ein schöner neuer Fuß- und Radweg war geplant: Die alten Gleise, auf denen früher die Güterzüge zum Schlachthof St. Marx donnerten, sollten durch einen Panoramaweg ersetzt werden. Allerdings fahren in letzter Zeit wieder mehr Züge direkt an den "Schwestern" vorbei - und bringen Biomasse ins nahegelegene Kraftwerk.(Martina Stemmer, DER STANDARD Printausgabe 28.4.2010)