
Siegfried Stepke, e-dialog.
Es ist keine 30 Tage her, da hat auch Google die Remarketing-Funktion in seinem Werbenetzwerk freigeschaltet. Über den neuen Dienst kann jetzt jedes Unternehmen versuchen, seine ehemaligen Website-Besucher mit gezielter Werbung zurück zu holen. Böse Zungen sprechen in diesem Zusammenhang von "Verfolgerwerbung". Sie befürchten, dass ein User, der einmal einen Turnschuh in einem Online-Shop gekauft hat, sein Leben lang von Turnschuh-Werbung durchs Internet verfolgt wird. Doch wie nervig ist Remarketing wirklich?
Ja, Remarketing nervt!
Die erneute Adressierung von ehemaligen Besuchern auf fremden Websites ist dann störend, wenn die Werbung plump und penetrant ist. Sobald sich ein User verfolgt fühlt, hat man etwas falsch gemacht und gefährdet sogar das Vertrauen und seine Markenbindung. Eine Fallgrube sind platte Botschaften und fehlendes Frequency-Capping. Oft geht das mit zu schwacher Segmentierung einher, d.h. es wird nicht genau auf das Interesse und die Kaufphase des Users eingegangen. Befindet sich dieser erst in der Informationsphase, hilft ihm die Botschaft „Heute Versand gratis!" recht wenig, sondern kann ihn sogar bedrängen und damit verunsichern...
Nein, Remarketing nervt nicht!
Wenn ein User mit den zu seinen individuellen Interessen passenden Botschaften adressiert wird, haben alle etwas davon. Der Werber sowieso, denn im besten Fall gewinnt er einen neuen Kunden - und das sogar sehr effizient. Der User wird nicht sinnlos penetriert, sondern kann von unterstützenden Informationen, über Vertrauensaufbau bis hin zu Kaufanreizen begleitet werden. Unser Turnschuh-Käufer aus der Einleitung wird nicht weiter mit Turnschuh-Werbung belästigt - er hat ja schon welche. Aber vielleicht dürfen es im Herbst Wanderschuhe vom selben Anbieter sein? Mit dem hat er schließlich schon gute Erfahrungen gemacht...
User-Akzeptanz ambivalent
Laut einer aktuellen Studie von Fittkau & Maaß ist die Einstellung der User höchst ambivalent: Einerseits bewerten viele personalisierte Werbung durchaus positiv, andererseits haben sie große Bedenken - und zwar aus Datenschutzgründen. Hier liegt es an den Anbietern klar zu machen, dass sämtliche Informationen anonym sind und zumeist auch ein Opt-Out möglich ist. Andererseits sollten Werber aus lauter Freude an den neuen Möglichkeiten auch nicht über das Ziel hinaus schießen!
Effizienter Hebel
Als Weiterentwicklung von Online-Werbestrategien ist Remarketing ein enormer Gewinn. Es erfordert allerdings wesentlich mehr Know-How, Konzeption und Analyse als normale Mediaplanung oder Keyword-Advertising, da falsche Strategien nach hinten losgehen können. Die richtige Botschaft an die richtige Zielgruppe ist ein Performance-Booster - schon immer. Mit Remarketing wird es leichter und effizienter. (Siegfried Stepke, derStandard.at, 28.4.2010)