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Chuck Prophet 2009
So Ende der 1980er, Anfang der 1990er waren so genannte Desert-Rock-Bands eine Weile groß angesagt. Giant Sand, die wunderbaren Thin White Rope oder Green On Red. Allesamt waren vom (Post-)Punk ebenso motiviert wie von einem gewissen Traditionalismus. Mit einer Vorliebe für eine leichte Waschlappigkeit bei gleichzeitiger Renitenz war man bei Green On Red bestens aufgehoben.
Der Band wurde vom US-Rolling Stone in den 80ern gar eine Zukunft als die neuen Rolling Stones, The Band oder CCR vorausgesagt, die nie eintrat. Viel mehr waren Green On Red um Sänger Dan Stuart und den Gitarristen Chuck Prophet bloß coole Slacker mit Gitarren. Dennoch machten sie eine zumindest kleine Karriere, die in Europa nachhaltiger war, als zu Hause in den USA, wo ihre Vorliebe für Autoren wie Jim Thompson, Film Noir und blöd machende Substanzen weniger gut ankam als in der Alten Welt.
Zumindest drei wirklich tolle Alben haben Green On Red der Welt hinterlassen. "Here Come The Snakes", das Jim Dickinson, selig, produziert hatte. Dann "Scapegoats" sowie das finale, zynisch "Too Much Fun" betitelte. Zwar schafften Green On Red es aus erwähnten Gründen des öfteren nach Europa, nicht aber nach Österreich - bis zu einem Tag im Herbst 1991, als ein Freund von mir mich anrief, und meinte, sein Bruder hätte in Graz, in der Steirer-Krone eben gelesen, Green On Red würden heute in Wien spielen. Und zwar am Messe-Gelände, um 17 Uhr. Sein Bruder sei schon am Weg nach Wien, da müssten wir hin!
Unbedingt, aber am Messe-Gelände? Um 17 Uhr? Häh?
Damals gab es noch kein Internet zum Nachschlagen, also musste man das Gerücht vor Ort überprüfen. Ganz unschlüssig schien es nicht, immerhin lief damals die Single "Little Things In Life" sogar hin und wieder auf Ö3. Am Messe-Gelände war das, was man erwartet hatte: Eine Messe, eine Elektronik-Messe, besucht hauptsächlich von Omas und Opas, die mit Katalogen unter den Armen herumschlichen. Wir irrten da durch bis wir zu einer kleinen Bühne kamen, auf der Lance Lumsden(!) (den zu erklären fehlt mir gerade der Nerv, bitte selber googeln, danke!) stand und moderierte.
Und neben der Bühne, inmitten von Pensionisten in unformigen Mänteln, saßen mit ungläubigen Blicken und mit verschreckten Gesichtern Dan Stuart und Chuck Prophet von Green On Red und packten gerade ihre Gitarren weg. Wir haben sie angesprochen. Stuart stammelte nur: "This is worse than money!", während Prophet erklärte, dass sie von ihrer Plattenfirma China Records, die auch im Elektronikgeschäft war, als Gimmick hier her geschickt worden war. Ihr Auftritt fand nicht mehr statt, Oma und Opa war es schon zu spät, Lance sagte die Band zwar noch an, diese schüttelte aber nur den Kopf. No way!
Als Trostpflaster für die insgesamt drei leibhaftigen Fans, die ihretwegen angereist waren, schenkten sie uns je ein Scapegoats-Album, das erste Album, das ich je signiert bekommen habe - ungefragt. Seit dem sind noch vier dazu gekommen.
Jedenfalls habe ich Prophet im Jahr darauf in einem Club in San Francisco wieder getroffen, er erinnerte sich noch mit Schaudern an den Messetermin, einige Monate später spielten Green On Red in der Szene Wien, da haben wir uns dann später in der Blue Box getroffen, auch da kam die Messe wieder hoch. Seit er solo unterwegs ist, haben sich unsere Wege drei Mal gekreuzt. Prophet wird diese Messe nie vergessen, am Donnerstag sorg ich wieder dafür. Da spielt er im Chelsea in Wien.
Kleiner Appetizer: Prophet und sein Mission Express live bei David Letterman:
(Karl Fluch, derStandard.at, 28. 4. 2010)
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