Eigentlich haben es alle immer schon gewusst:Die Eurozone könne angesichts ihrer Konstruktionsfehler nicht funktionieren. Die griechische Tragödie und das Überspringen der Schuldenkrise auf andere Staaten der Währungsunion stelle den besten Beweis mangelnder Krisenresistenz der Gemeinschaftswährung dar. Viel spricht für diese Einschätzung. Doch eine weit größere Verantwortung an der nahezu ausweglosen Situation tragen verfehlte Haushalts- und Wirtschaftspolitik der gefährdeten Staaten sowie ein nicht minder fatales EU-Krisenmanagement.
Die Eurozone war vom Start weg Stückwerk, im Fokus stand und steht die einheitliche Geldpolitik, während sowohl die Steuerhoheit als auch die wirtschaftliche Lenkung den Mitgliedstaaten überlassen wurde. Doch ganz so blind waren die Gründerväter der Währungsunion auch wieder nicht, weshalb die finanzielle Stabilität über die Maastricht-Kriterien in die Verträge geflickt wurde. Dass darüber hinaus eine Koordinierung der Wirtschaftspolitik fehlt und damit die Eurozone von Ungleichgewichten im Außenhandel bedroht wird, kann zwar nicht unter den Teppich gekehrt werden, stellt aber kein Kernproblem dar.
Dieses besteht vielmehr in der systematischen Missachtung der Maastricht-Kriterien. Staaten wie Italien oder Griechenland hätten mit ihrer Verschuldung nie der Währungsunion beitreten dürfen. Dazu kommt die sattsam bekannte Tragödie rund um gefälschte Budgetzahlen Athens. Allerdings darf hier nicht vergessen werden, dass es gerade Deutschland und Frankreich waren, die sich in der Frage der Stabilität der Staatsfinanzen nicht um die Vorgaben scherten und EU-Recht beugten.
Wenn die Euro-Staaten nun noch viel tiefer in die Tasche greifen müssen als bisher angenommen, hat das vor allem mit dem laschen Umgang eigener Regeln und nicht mit Konstruktionsfehlern der Gemeinschaftswährung zu tun. Oder glaubt wirklich jemand, dass Griechenland mit stabilen Staatsfinanzen Opfer der Märkte geworden wäre? Viel zu spät kommt die Union auf die Idee, Mitglieder zu entmündigen, die vertragliche Pflichten mit Füßen treten. Generell gleicht das Krisenmanagement der EUeinem einzigen Hoppala. Erst wurden die Augen vor der aufziehenden Katastrophe geschlossen, dann knickten die Finanzminister ein und versprachen Griechenland Hilfe, um dann von ihren Chefs zurückgepfiffen zu werden, die ihre von Angela Merkel aufoktroyierte restriktivere Linie auch nicht halten konnten.
Parallel dazu entwickelte sich ein Tauziehen um die Einbindung des Währungsfonds, den man erst als trojanisches Pferd der USAmissbilligte und den man nun um Aufstockung der Kreditsumme anflehen muss. Doch die von den (ungleichen) Piigs (Portugal, Irland, Italien, Griechenland, Spanien) ausgehende Schweinegrippe wird sich auch mit einer aufgestockten Hilfe nicht stoppen lassen: weil klar ist, dass Athen die neuen Kredite nicht zurückzahlen wird; und weil ein Bail-out aller mit dem Virus infizierten Staaten nicht leistbar ist. Es brennt der Hut, der nur mit einer Entschuldung der Länder bei gleichzeitiger Abgabe ihrer Budgetkompetenz zu löschen ist. Private Gläubiger müssten zur Kasse gebeten werden, statt neuerlich nur den Steuerzahler anzuzapfen.
Der jetzt gewählte Irrweg hat wahrlich nichts mit Konstruktionsfehlern der Eurozone zu tun, deren Vertrag Hilfen für Mitglieder untersagt. (Andreas Schnauder, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29.4.2010)