Im 24. Stock des Towers am Flughafen Wien arbeiten die Fluglotsen der Austro Control.

Ansichtssache: Verantwortung am Tower

Foto: derStandard.at/Blei

Markus Altmann ist bereits seit 15 Jahren Fluglotse.

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"Manchmal wird mir so richtig bewusst, dass ich der wichtigste Sicherheitsfaktor neben dem Piloten bin", erzählt Markus Altmann, Fluglotse am Tower des Flughafens Wien-Schwechat. Bis zu 60 Verkehrsmaschinen pro Stunde melden sich bei ihm per Funk, um sich die Erlaubnis abzukoppeln, die Triebwerke zu starten oder zu parken geben zu lassen. "Jeder Flieger, der in Wien-Schwechat startet oder landet, muss sich bei mir melden", sagt Altmann und antwortet zum wiederholten Mal am Funkgerät.

Unterstützung durch Technik

"Mein Arbeitsplatz hat sicher die beste Aussicht", erzählt der Fluglotse und deutet auf die Fenster des Towers. Kein Wunder, befindet er sich hier im 24. Stock und genießt einen Blick über Wien und sein Umland. Vor ihm am Tisch befinden sich mehrere Monitore, die er für seine tägliche Arbeit benötigt: unter anderem Luftradar, Lichtkonsole und der Wetterbildschirm. Für Altmann ist aber besonders das Bodenradar die wichtigste Unterstützung im Dienst: "Wenn ich keinen Sichtkontakt zu den Flugzeugen auf dem Flugplatz habe, dann muss ich mich voll und ganz auf die Technik verlassen, damit ich den Überblick nicht verliere", sagt der 33-Jährige.

Drei Gruppen von Fluglotsen

Schon seit 15 Jahren ist Altmann Fluglotse bei Austro Control und zuständig für alle Maschinen, sobald sie sich in Bodennähe befinden. Jeder Fluglotse ist in einem der drei Bereiche spezialisiert: An- und Abflugkontrolle, die sich im achten Stock des Towers befindet, die Überflugskontrolle im dritten Wiener Bezirk oder eben, wie Altmann, die Anflugskontrollstelle auf Flughäfen. Jedes Jahr sucht die Firma Austro Control vierzig neue Fluglotsen, die den steigenden Bedarf decken. "Das Verkehrswachstum hat nach dem Zusammenbruch des Flugverkehrs nach 9/11 stetig zugenommen", begründet Markus Pohanka, Pressesprecher der Austro Control, die vielen Neuzugänge.

Ausbildungsdauer: 3 bis 5 Jahre

Jeder Bewerber wird zu einem mehrstufigen Auswahlverfahren gebeten, in dem die Vorraussetzungen für den verantwortungsvollen Beruf getroffen werden. "Man sollte hohe Simultankapazitäten, gute Englischkenntnisse und Entscheidungsfreude besitzen", sagt Altmann. Wer das Auswahlverfahren schließlich absolviert hat, bekommt eine drei- bis fünfjährige Ausbildung, die sich in mehrere Theorieblöcke und Praxisteile gliedert. Dabei werden die Fluglotsen "auf jede mögliche Situation im Arbeitsalltag vorbereitet", sagt Altmann, "Es kann also nicht passieren, dass ein Fluglotse in die Verlegenheit kommt, eine Situation nicht geübt zu haben." Deshalb wäre auch die große Verantwortung, die jeder Fluglotse hat, leichter zu bewältigen.

Notfälle müssen trainiert werden

Für Notfälle bei Maschinen gibt es auch genaue Pläne, die der Fluglotse abarbeiten muss. Die häufigsten Notlagen von Flugzeugen sind laut Markus Altmann Rauch in der Kabine oder ein kranker Passagier an Bord. In solch einem Fall müsste der Flugraum komplett geräumt und alle Flugzeuge, die sich bereits im Landeanflug befinden, umgeleitet werden und das "können schon fünf bis sechs Maschinen sein". Um solche Lagen aber auch nach der Ausbildung zu trainieren, muss sich jeder Fluglotse einmal im Jahr in den Simulator setzen. Zwar sei die Aufgabenstellung jedes Arbeitstages dieselbe für Altmann, doch ist es vor allem die Unvorhersehbarkeit seines Berufes, die ihn reizt: "Das Wetter kann sich jeden Moment ändern und man muss sich blitzschnell auf neue Situationen einstellen können", erzählt der 33-Jährige.

Schichtdienst verpflichtet

Jeder Neuzugang im Beruf, müsse sich auch mit dem Schichtsystem anfreunden können. "Wir sind nun einmal ein 24 Stunden Betrieb und haben deshalb zwölf Stunden Dienste", sagt Altmann. Der früheste Dienst beginnt jeden Tag um halb sieben in der früh und der späteste endet um 23 Uhr. Dann löst der Nachtdienst ab. Da der Job eine hohe Konzentrationsfähigkeit verlangt, muss nach einer bzw. eineinhalb Stunden eine halbstündige Pause eingelegt werden: "Ich kann also nicht durcharbeiten, weil es gerade angenehm für mich wäre", erzählt der Fluglotse. Die hohe Belastung wird aber auch abgegolten: 5000 Euro brutto sind als Einstiegsgehalt sehr verlockend, außerdem wird ein Fluglotse früher in die Übergangsfrist zur Pension gestellt und mit 65 dann pensioniert.

Ob ein Fluglotse überhaupt noch entspannt fliegen kann? "Ja natürlich", sagt Altmann und lacht, "Ich weiß ja, dass am anderen Ende der Funkleitung ebenfalls kompetente Kollegen sitzen, die für meine Sicherheit sorgen." Denn Flugbetrieb sei immer Teamarbeit: "Ohne gute Zusammenarbeit geht in der Luft gar nichts." (Bianca Blei/derStandard.at/3.5.2010)