Wien - Es gehe der Stadt in keiner Weise darum, Drogenkranke vom Wiener Karlsplatz zu vertreiben, hat am Donnerstag Sozialstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) im Gemeinderat empört Vorwürfe der Grünen zurückgewiesen, nachdem bekanntgeworden war, dass am dortigen Streetwork-Standort mit Juni der Spritzentausch eingestellt wird: "Nein. Dreimal unterstrichen und mit vielen Rufzeichen." Da im Juni jedoch die Großbaustelle zum Umbau der Karlsplatzpassage beginne, werde das Angebot geändert: "Wir müssen rechtzeitig reagieren, weil sich die Suchtkranken dort nicht mehr aufhalten werden können."

Derzeit können Suchtkranke am Karlsplatz und in der Drogeneinrichtung Ganslwirt kostenlos gebrauchte gegen neue Spritzen tauschen. 7.800 Mal ist dies täglich der Fall, 2,8 Millionen neue Spritzen werden jährlich ausgegeben. Am Karlsplatz wird dies nun eingestellt und vollends zum Ganslwirt verlagert. Im Gegenzug werden dessen Notschlafbetten aufgegeben, damit die Einrichtung bis Mitte Mai vergrößert werden kann. Zusätzlich wird am Wiedner Gürtel die Einrichtung TaBeNo (Tageszentrum, Betreuung, Notschlafstelle) geschaffen, in der dann 26 Betten vorgesehen sind.

Das Angebot - auch an Tagesbetreuungsplätzen - werde also nicht eingeschränkt, sondern ausgebaut, so Wehsely. Überdies kämen zwei Drittel der Spritzentauscher nur zu diesem Zweck zum Karlsplatz und würden sich dort nicht in der offenen Szene aufhalten. Für diese Gruppe sei es mithin gleich, an welchen Standort man fahren müsse. 20 Prozent kämen sogar aus den anderen Bundesländern.

Zugleich werde der Personenstand von 14 Sozialarbeitern am Karlsplatz gehalten, versicherte Drogenkoordinator Michael Dressel der APA. Der Karlsplatz bleibe auch nach dem Umbau ein großer Verkehrsknotenpunkt, an dem sich sozial desintegrierte Personen sammeln würden: "Deshalb war der Stützpunkt auf keinen Fall eine Fehlinvestition." Die offene Straßenszene in Wien umfasse derzeit knapp 300 Personen.

Aus heutiger Sicht werde der Spritzentausch auch nach dem Ende der Umgestaltung nicht wieder an den Karlsplatz zurückverlegt, sondern solle dauerhaft im dann neu errichteten Ganslwirt-Standort am Gumpendorfer Gürtel bleiben. Klar sei zugleich immer, dass man die Angebote evaluieren müsse: "Wenn sich herausstellt, dass es nicht greift, müssen wir etwas anderes machen."

"Die Leute gehen dort nicht weg", prognostizierte hingegen die grüne Mandatarin Heidi Cammerlander. Stattdessen würden gebrauchte Spritzen nicht mehr abgegeben. Die Kinder hätten dann schlussendlich die Nadeln im Finger, wenn diese im öffentlichen Raum wieder verstärkt zu finden seien, warnte die Grüne. (APA)