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Herr Ibrahim Sekagya von Red Bull Salzburg zählt zu den allerbesten Verteidigern in der Bundesliga.

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Standard: Was erwarten Sie von der WM in Südafrika?

Sekagya: Sehr viel. Ich hoffe natürlich, dass ein afrikanisches Team gewinnt. Das ist natürlich nicht einfach, aber man wird ja noch träumen dürfen. Die Menschen in Afrika hätten es verdient.

Standard: Werden Sie vor Ort sein?

Sekagya: Nein, das geht leider nicht, ich werde vor dem Fernseher sitzen. Ich muss ja mit Salzburg trainieren, mich für die nächste Saison aufbauen.

Standard: Es gibt Leute, zum Beispiel Bayern-Präsident Uli Hoeneß, die behaupten, es sei ein grober Fehler der Fifa gewesen, die WM an Afrika zu vergeben. Südafrika sei zu gefährlich, heißt es. Was antworten Sie den Kritikern?

Sekagya: Ich weiß, dass viele Menschen Zweifel haben. In jedem Land der Welt kann etwas passieren, auch bei der WM in Deutschland soll es Ausschreitungen gegeben haben. Geht man in Südafrika auf die Straße, wird man nicht automatisch bestohlen, getreten oder verprügelt. Man braucht keine Angst zu haben. In der Nacht muss man bestimmte Gegenden meiden. Die Bevölkerung will die WM, und sie wird zeigen, dass sie ein guter Gastgeber ist.

Standard: Haben Europäer ein falsches Bild von Afrika? Wobei man Südafrika sicher nicht mit Ihrer Heimat Uganda vergleichen kann.

Sekagya: Ihr habt ein eingeschränktes Bild, es gibt unzählige Bilder von Afrika. Die meisten Leute mögen arm sein, aber sie sind freundlich und stolz.

Standard: Wie schaut Ihr Afrika aus?

Sekagya: Wenn man es gesehen hat, muss man es lieben. Es ist wunderschön. Natürlich ist die Lebensqualität nicht hoch, viele Menschen wollen weg. Weil sie aus wirtschaftlichen Gründen weg müssen. Aber es tut ihnen weh, fortzugehen.

Standard: Benötigt Afrika Hilfe?

Sekagya: Kommt drauf an, welche Hilfe. Nehmen wir den Fußball in Uganda her. Natürlich ist die Infrastruktur schlecht, natürlich ist es kompliziert, Profi zu werden. In meinem Land ist das reiner Zufall. Ich bin ein Zufall gewesen.

Standard: Erzählen Sie von Ihrer Kindheit in Kampala?

Sekagya: Wir waren nicht reich, wir waren nicht arm, wir waren mittendrin. Wir hatten zu essen und ein Dach über dem Kopf. Wir waren sieben Kinder, vier Buben, drei Mädchen. Mein Vater wanderte von Land zu Land, er spielte Fußball. In Uganda kann man kein Profi sein. Aber ich bekam die Chance, es zu werden. Und jetzt unterstütze ich meine Familie und auch Kinder, die keine Chance haben. Meine Verwandtschaft ist stolz auf mich. Und auch mein Land ist stolz, schließlich bin ich Kapitän der Nationalmannschaft.

Standard: Wie viele Legionäre aus Uganda kicken in Europa?

Sekagya: Zwei. Ich in Salzburg, ein anderer in Schottland. Die meisten sind in Südafrika tätig, das ist schon ein steiler Aufstieg.

Standard: Das heißt, Sie haben sich einen Traum erfüllt?

Sekagya: Ja. Vor zehn oder elf Jahren war ich mit dem Nationalteam zwei Wochen lang in Wien auf Trainingslager. So lernte ich Österreich kennen, es hat mir gefallen. Zunächst schaffte ich es immerhin nach Argentinien. Europa blieb im Hinterkopf. Und dann hörte ich von Red Bull. Ich dachte mir, das klingt gut, das kommt meinem Traum sehr nahe.

Standard: Sind Sie auf die Sonnenseite des Lebens gefallen?

Sekagya: Mein Leben ist okay. Es ist nicht immer leicht bei Red Bull, der Druck ist groß. Der Klub ist gut, ich kann Träume verwirklichen. Es gibt neue Träume, aber momentan reicht mir dieser.

Standard: Haben Sie in Österreich schlechte Erfahrungen gemacht, wurden Sie mit Rassismus konfrontiert?

Sekagya: Nein, ich wurde auf der Straße nie angemacht. Auf dem Fußballplatz ist das anders. Spielen wir gegen Rapid, bin ich ein Feindbild. Weil ich Salzburger bin. Das würde ich nicht Rassismus nennen, das hat nichts mit der Hautfarbe zu tun. Ich gehöre halt zur anderen Mannschaft.

Standard: Kann Fußball die Welt verändern?

Sekagya: Ja. Weil es ein Spiel ist, das berührt und bewegt.

Standard: Werden Sie nach Ihrer Karriere in Uganda leben?

Sekagya: So weit plane ich nicht. Ich muss erst einmal mein Fußballerleben vernünftig abschließen.

Standard: Ist Salzburg Ihre letzte Station?

Sekagya: Salzburg ist groß, aber nicht ganz groß. Es gibt England, Deutschland, Spanien und Italien. Diese Ligen hat man im Kopf.

Standard: Spiele in London sind eben attraktiver als solche in Mattersburg oder Kapfenberg.

Sekagya: Man muss nehmen, was man bekommt. Ich mag auch Mattersburg gerne.

Standard: Wer wird Weltmeister?

Sekagya: Ein afrikanisches Land, am ehesten die Elfenbeinküste. Oder Argentinien. Oder Brasilien. Oder Spanien. Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht. (Christian Hackl, DER STANDARD, Montag, 3. Mai 2010)