Vor allem die am Beispiel Goldman Sachs demonstrierbare Auseinandersetzung zwischen einer von realer Ökonomie abgekoppelten Finanzwirtschaft und der Regierung Obama hat längst die Ebene eines Konflikts verlassen. Das ist Krieg, weil die an schnellem Profit orientierten Manager alle Strippen ziehen, um den US-Präsidenten öffentlich zu diskreditieren.

Nun hat ein Mann seine Stimme erhoben, der nicht in den Verdacht geraten kann, ein extremer Keynesianer zu sein oder gar ein Verfechter der Rückkehr zur Staatswirtschaft. Beim Munich Economic Summit hat der deutsche Bundespräsident Horst Köhler den modernen Finanzkapitalismus scharf angegriffen. Dieser steigere "seine Renditen ohne Rücksicht darauf, ob das dem Wohlergehen der Nationen nützt". Und er fügte hinzu: "Die Gewinne haben wenige gemacht, die Verluste muss die Allgemeinheit tragen." Diese Worte haben Gewicht, weil Köhler fachliche und genug internationale Erfahrung besitzt.

Die Adressaten von Köhlers massiver Kritik haben die bei der Einführung einer internationalen Transaktionssteuer und beim Verbot inakzeptabler Geschäftsarten zögerlichen Regierungen einfach ignoriert und ihre Praktiken weitergespielt. Wie Militärtaktiker, die auf Marktplätzen Volksredner sehen, aber keine Formierung von effizientem Widerstand.

Tatsächlich trägt ja auch die tragische Krise Griechenlands viele Charakteristika eines Kriegs. Niemand kann es wahrscheinlich beweisen: Aber Mutmaßungen, wonach Rating-Agenturen die griechischen Finanzen zum "Ramsch" heruntergestuft haben, weil ihre Hintermänner den Euro treffen wollen, kann man nicht von vornherein in den Bereich absurder Verschwörungstheorien verweisen. Hier wird nicht mit den Waffen herkömmlicher Arsenale gekämpft, sondern mit den Instrumenten von Heckenschützen und Killern.

Was Boulevardblätter mit Titeln wie "Wir schenken den Griechen Milliarden" in die Nähe der Fahrlässigkeit rückt, ist ein Medienverhalten, das die Situation noch verfinstert und den Spekulanten hilft. Einerseits sinkt in der EU-Bevölkerung die Zustimmung für die Finanzhilfen, andererseits ist der am Sonntag beschlossene Kreditrahmen von EU und Währungsfonds eine Rettungsaktion für den Euro. Nicht nur für die Griechen, deren angenehmes Leben vorbei ist.

Da die europäischen Regierungen sowohl bei der Bankensteuer als auch bei der Finanztransaktionssteuer immer von einem "international koordinierten Vorgehen" sprechen, greifen die Spekulanten zum Einsatz von Torpedos. Wir werden sehen, ob jetzt dann Portugal an der Reihe ist.

Aber genug der Bilder, zu denen man publizistisch Zuflucht nehmen muss, um die Dramatik der Lage zu illustrieren. Zu hoffen ist, dass die EU und die griechische Regierung selbst die Lage in den Griff bekommen. Damit sich die Vernünftigeren dem Kernproblem widmen können: Spekulanten das Handwerk zu legen.(Gerfried Sperl, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 3.5.2010)