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Grasser und das bisher unbekannte Papier: Der Ex-Finanzminister geht in die Offensive.

Foto: APA/Jäger

Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser geht in der Causa Buwog in die Offensive: Am Montag legte er ein neues Papier vor, das ihn entlastet. Zudem drängt er darauf, einvernommen zu werden, und spricht sich auch für einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss aus.

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"Vertraulich" steht auf den Kopien, die Karl-Heinz Grasser Montagfrüh nach einer Pressekonferenz in der Wiener Innenstadt verteilen lässt. Es handelt sich um das Protokoll einer Sitzung des ständigen Unterausschusses des parlamentarischen Rechnungshofausschusses vom 26. November 2003. Es ging dabei um die Causa Buwog, mehrere Mitglieder der Vergabekommission sagten damals unter Wahrheitspflicht aus.

Unterlagen zuhause gefunden

Wo kommt das Papier auf einmal her, und wieso wurde es nicht längst dem Gericht vorgelegt? Grasser sagt, er habe erst im Zuge des von ihm angestrengten Medienverfahrens gegen seinen Ex-Mitarbeiter Michael Ramprecht und das Magazin "profil" (derStandard.at berichtete) nachgeschaut, welche Unterlagen er aus dieser Zeit noch hatte. Und ja, er hatte das Papier - wie er dann zugibt - bei sich zu Hause herumliegen. Ob das denn üblich sei? Grasser lächelt, Strafverteidiger Manfred Ainedter sagt: "Das wissen wir nicht, er war ja nur einmal Finanzminister."

In dem Papier wird festgehalten, welche Aussagen die damals vor den RH-Unterausschuss geladenen Herren Michael Ramprecht (Grassers Kabinettsmitarbeiter und Vorsitzender der Vergabekommission), Ernst Karl Plech (Aufsichtsrats-Vorsitzender der Buwog), Andreas Kletecka und Stefan Bogner (Universitätsprofessoren und externe Berater bei der Buwog-Vergabe) sowie Johannes Schramm (Rechtsanwalt und ebenfalls externer Berater) tätigten. Anwesend war auch der damalige RH-Präsident Franz Fiedler.

Klagen wegen übler Nachrede

Wie berichtet, ging Ramprecht im Herbst mit schweren Vorwürfen gegen Grasser via "profil" an die Öffentlichkeit: Der Verkauf der Buwog sei gelenkt gewesen, Grasser habe seine Finger im Spiel gehabt. Ramprecht und "profil" wurden von Grasser deshalb wegen übler Nachrede geklagt.

Montagfrüh zitiert Grasser einige von Ramprechts Aussagen in der Ausschuss-Sitzung. Dort heißt es etwa: "Meine einzige Vorgabe des Herrn Finanzministers war, dass das ganze Verfahren glasklar, mit den besten Köpfen, total nachvollziehbar umzusetzen ist; daneben, dass wir sagen: Wir müssen sozusagen versuchen, diese Wohnungen, wenn es irgendwie möglich ist, den Mietern zur Verfügung zu stellen, den Mietern zum Kauf anzubieten. Dabei war die höchste Prämisse Ertragsmaximierung." Und weiter: "Am 5. September ist der Vorschlag der Herren Professoren gekommen. Und in diesem Vorschlag war Lehman Brothers mit zwölf Punkten vorne. (...) Wir haben das dann alles diskutiert, und der konkrete Zuschlag ist dann am 6. September erfolgt, nämlich genau wie folgt: Wir haben im Prinzip diesen Vorschlag der Herren Professoren angenommen, und die Abstimmung ist dann 6:3 ausgegangen."

Keine Sitzung, sondern ein "Jour fix"

Lehman Brothers sei also von Beginn an vorne gelegen, und nicht - wie von Ramprecht behauptet - erst in der letzten Sitzung am 6. September von der zweiten Position in die erste gehievt worden, erklärt Grassers Anwalt im Medienverfahren, Michael Rami. Dies gehe aus dem nun vorliegenden Protokoll eindeutig hervor. Andreas Kletecka sagte demnach in der Unterausschuss-Sitzung, dass es "einfach nicht stimmt", dass zunächst die CA-IB vorgereiht gewesen sei, und Lehman erst in der letzten Sitzung bestgereiht geworden wäre. "Die Vergabekommission hat sich genau an unser Gutachten gehalten; es war von vornherein Lehman vorne." Es ging dabei, wie mehrfach berichtet, noch nicht um den Verkauf der Buwog, sondern um die Auswahl des den Verkauf begleitenden Bankhauses.

Im Übrigen seien es nicht zwei reguläre Sitzungen an den beiden aufeinanderfolgenden Tagen gewesen, sondern bloß ein "Jour fix" am 5. September, am 6. dann die eigentliche Sitzung. Weiterhin kann sich Grasser nicht daran erinnern, zwischen den beiden Terminen mit jemandem von der Vergabekommission telefoniert zu haben. Der Minister sei erst nach Beschluss schriftlich von seinem Kabinettchef Heinrich Traumüller informiert worden, zitiert Anwalt Rami eine von Ramprechts Aussagen aus dem Sitzungsprotokoll. Das damalige Kommissionsmitglied Andreas Kletecka hielt vor dem Unterausschuss fest, dass es "keine Beeinflussung von außen" gegeben habe.

"Hetzjagd" und Jericho

Seinem Ex-Mitarbeiter Ramprecht wirft Grasser dann noch mehrmals wörtlich vor, "gelogen" zu haben - nicht ohne darauf hinzuweisen, dass er sich über eine Gegenklage sehr freuen würde, denn dann könnte er das "mit all diesen Unterlagen endlich belegen".

Anwalt Ainedter sagt zum Schluss, dass man nach dieser ganzen Geschichte nicht zur Tagesordnung übergehen könne: "Das ist eine einzigartige Menschenjagd. Auch für meine Kanzlei ist das ein einmaliger Fall der Vorverurteilung."

Grasser sieht in den "Angriffen" auf seine Person "eine Hetzjagd", für die es "sachlich keine Rechtfertigung" gebe. Gegen die "Zurufer an die Justiz" solle ebendiese deshalb wegen "versuchter Anstiftung zum Amtsmissbrauch" tätig werden.

Für Einvernahme und U-Ausschuss

Einen parlamentarischen U-Ausschuss - "gescheiterweise nachgelagert an die Untersuchungen der Justiz" - würde Grasser begrüßen: "Da würden nämlich alle meine Verfolger ihr größtes Jericho erleben." Außerdem drängt er erneut darauf, endlich einvernommen zu werden. Er habe seit Herbst 2009, als die Grünen gegen ihn wegen Verdacht des Amtsmissbrauchs eine Sachverhaltsdarstellung einbrachten, keine Gelegenheit gehabt, bei einer gerichtlichen Einvernahme seine Unschuld zu beweisen. Ainedter bezeichnet es als "Skandal", dass sein Mandant keine Akteneinsicht bekomme, aber die Protokolle der Einvernahmen der im Buwog-Skandal ebenfalls Beschuldigten Peter Hochegger und Walter Meischberger regelmäßig in Medien auftauchen würden.

Dass er weiterhin die Privatisierung der Buwog "vollumfänglich und auch sehr gerne" verantworte, hält Grasser schließlich auch noch fest - denn diese sei "professionell und völlig einwandfrei" abgewickelt worden. Das "professionelle Herangehen an Probleme" sei es übrigens auch gewesen, das Ramprecht an Grasser "so fasziniert hat - und nach wie vor fasziniert", wie Ramprecht vor dem Unterausschuss im November 2003 sagte. Und im selben Atemzug fügte er - laut Protokoll - hinzu: "Ich habe weder vorher noch danach in irgendeiner Form ein freundschaftliches Verhältnis gehabt." (Martin Putschögl, derStandard.at, 3.5.2010)