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Ebensee und kein Ende: Für den Tathergang gibt es Zeugen und Fotos, ....

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... die Tatverdächtigen sind weitgehend geständig. Die Staatsanwaltschaft wartet dennoch zu.

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Wien/Wels - Der "Fall Ebensee", der sich am kommenden Wochenende jährt, brachte Österreich einmal mehr "einschlägige" internationale Schlagzeilen - und wird es wohl auch am ersten Jahrestag wieder tun: Noch immer gibt es keine Anklage gegen die beiden Hauptverdächtigen, Staatsanwaltschaft Wels und Justizministerium schieben einander den Akt zu.

Dabei scheint der Fall, zumindest für Laien, recht klar zu sein: Am 9. Mai 2009 bedrohten fünf teils mit Sturmhauben vermummte Gestalten eine Gruppe Überlebender, die der Befreiung des ehemaligen KZ Ebensee durch die Alliierten gedachten - in jenem "Besichtigungsstollen", den die Nazi-Opfer einst in den Fels hauen hatten müssen. Die Überlebenden, die aus Frankreich angereist waren, wurden von fünf Burschen zwischen 14 und 17 Jahren angegriffen, mit Paintballs beschossen und zum Teil leicht verletzt, die Burschen grölten Nazi-Parolen.

Zwei Tage später waren die Tatverdächtigen gefasst, sie waren geständig und auch reumütig. Die beiden Hauptverdächtigen entschuldigten sich bei den Opfern, die Staatsanwaltschaft sprach von "weiteren Ermittlungen".

Diese dauerten von Mai 2009 bis Jänner 2010. Dann schickte die Staatsanwaltschaft Wels ihren "Entscheidungsvorschlag" an das Justizministerium - wo der Akt bis Ostern lag. Kürzlich wurde er zurückgeschickt, man beriet laut APA im "internen Entscheidungsfindungsprozess", "weitere Erhebungen" durchzuführen.

Wie der Standard von der Staatsanwaltschaft Wels erfuhr, ist der Akt derzeit bei der zuständigen Bezirkshauptmannschaft, konkret beim Jugendamt. Dessen Stellungnahme will man abwarten, erst dann soll die Anklage stehen - wann genau, ist ungewiss.

Schon mehrmals beklagte das Mauthausen Komitee Österreich namens der Opfer die "Verschleppung" des Falles Ebensee - ein Vorwurf, den man so im Justizministerium nicht gelten lassen will. Man habe im Zuge eines Rechtshilfeverfahrens gleich mehrere Zeugen in Frankreich befragen lassen müssen, sagt die Sprecherin von Ministerin Claudia Bandion-Ortner, Katharina Swoboda. Die Befragungen mussten übersetzt und in den Akt eingearbeitet werden. Swoboda: "Alle haben zügig gearbeitet, solche Vorgänge dauern eben."

"So lang?", wundert sich Verfassungsjurist Heinz Mayer: "Gerade in solchen Fällen sollte man sehr rasch Klarheit haben." Ob die Burschen "pure Dummheit" oder rechte Gesinnung geleitet habe, müsse im Prozess geklärt werden.

Das fordert auch Robert Eiter, Jurist und Sprecher des "oberösterreichischen Netzwerks gegen Rassismus und Rechtsextremismus". Die Justizministerin müsse "umgehend handeln", umso mehr, als man den Fall nicht isoliert sehen dürfe: Auch bei den Anzeigen gegen die rechtsextreme NVP und die "Bunten" seien die Staatsanwaltschaften Linz und Wels säumig.

Zumal die Ermittlungsbehörden selbst schuld sind, dass sie die Opfer in Frankreich suchen mussten. Diese blieben nämlich nach den Vorfällen in Ebensee noch einige Tage in Österreich - wo sie etwa der Standard ohne Probleme für ein Interview erreichte. Von der Polizei wurden sie in dieser Zeit nicht befragt. Mauthausen-Komitee-Sprecher Willi Mernyi sarkastisch: "Gut für Ihre Zeitung, übel für die Behörden, dass sie sich damals nicht für die Opfer interessierten." (Petra Stuiber, DER STANDARD, Printausgabe, 4.5.2010)