Wien - Eine Einbürgerung in Österreich geht nicht von heute auf morgen vor sich. Im Fall eines jungen Mannes aus Pakistan jedoch, der seit seinem ersten Lebensjahr in Österreich lebt, hat die Sache inzwischen kafkaeske Züge angenommen.
"Viermal musste er bisher Einkommensnachweise vorgelegen, sie waren in Ordnung. Viermal brachte er Auszüge aus dem Strafregister, dreimal aus der Finanzstrafdatei bei: Sie zeigten an, dass er unbescholten ist - und Deutsch- sowie Einbürgerungstest hat er ebenfalls positiv abgeschlossen", schildert die Juristin im Büro von Volksanwältin Terezija Stoisits, Claudia Marik. An Stoisits hatte sich der 25-Jährige im Februar 2010 um Hilfe gewandt. Die Volksanwältin leitete ein Prüfverfahren ein - und stellte mehrere "Missstände in der Verwaltung" fest.
Denn der Neoösterreicher hält den Wunschpass immer noch nicht in Händen: Seit er im November 2005 seinen Staatsbürgerschaftsantrag gestellt hat, wurde das Gesetz zweimal novelliert: Ohne Übergangsfrist, also so, dass die jeweils strengeren Auflagen auch für unerledigte Fälle galten. Außerdem: "Die Behörden haben die Zeitfenster exzessiv ausgenutzt" , sagt Stoisits.
Die erste Hürde, die dem Österreicherwerden entgegenstand, war dem Pakistani im Juli 2006 - ein erster Strafregisterauszug der Sicherheitsdirektion Wien lag vor - zur Kenntnis gebracht worden. Im Zuge einer "persönlichen Vorsprache" bei der in Wien für Staatsbürgerschaften zuständigen MA 35 wurde ihm mitgeteilt, dass seit Anfang 2006 neue Einbürgerungsregeln galten. Das Verfahren wurde ruhend gestellt.
Im Dezember 2007 versuchte er es aufs Neue. Anfragen bei Sicherheitsdirektion und Finanzstrafdatei, Lohnzettelnachweis, positive Deutsch- und Staatsbürgerschaftstests. Die Verrichtungen zogen sich bis August 2008, also länger als ein halbes Jahr - und Leumundszeugnisse sind nur sechs Monate gültig. Also gingen Anfragerunde und Einkommensermittlung in die Wiederholung.
Antragsstellungskrise
Dann, im Februar 2009, eine Antragsstellungskrise: Auf dem Staatsbürgerschaftsformular waren andere Elternvornamen als auf der Geburtsurkunde eingetragen. Klärung des Problems, neue sicherheits- und finanzbehördliche Anfragen - und daraufhin behördliches Schweigen. Konkret bis Juli 2009, als - siehe oben - sämtliche Anfragen erneuert wurden.
Und dann war schon Dezember 2009, und für 2010 stand die aktuelle Staatsbürgerschaftsgesetzesnovelle am Horizont, mit strengeren Bedingungen. Ob der junge Mann ihnen Genüge tut, wird das Ergebnis der erneut wiederholten Anfragen und der Einkommensbestätigung zeigen.
Bei der MA 35, sagt Leiterin Beatrix Hornschall, habe man vor Inkraftreten der Novelle im Dezember 2009 noch 355 Personen einbürgern können. Von 6625 Staatsbürgerschaftsanträgen im Jahr 2009 seien 3672 positiv erledigt worden. Der Rest wurde abgelehnt - oder wie im vorliegenden Fall in eine neue Runde geschickt. (Irene Brickner/DER STANDARD-Printausgabe, 4.5.2010)