London - Auch als es ums Heiraten ging, blieb Charles Darwin grundvernünftig. Er machte zwei Listen mit Argumenten dafür und dagegen und trug unter der Rubrik "Marry" unter anderem ein: "Jemand zum Liebhaben. Besser als ein Hund. Eigenes Heim und jemand, der den Haushalt führt. Charme von Musik und weiblichem Geplauder." All das sei gut für die Gesundheit, so Darwin.

Auch wenn einige gute Gründe dagegensprachen ("Verwandte besuchen - eine schreckliche Zeitverschwendung" ) heiratete der 29-jährige Darwin seine Cousine Emma Wedgwood, die Tochter seines Onkels Josiah Wedgwood II aus der Porzellan-Dynastie. Aus der Ehe gingen zehn Kinder hervor, drei davon erreichten nicht das Erwachsenenalter. Vor allem der Tod seiner Tochter Annie traf Darwin schwer.

Der Begründer der Evolutionstheorie fürchtete, dass die verwandtschaftliche Nähe zu seiner Gattin für einige Gesundheitsprobleme seiner Kinder verantwortlich gewesen sein könnte und machte sich dafür Vorwürfe. Einem Parlamentarier schlug er vor, eine Frage über die Ehe mit Verwandten in die britische Volkszählung 1871 aufzunehmen.

Nun erhärtet eine neue Studie im Fachblatt "BioScience" Darwins Verdacht: Tim Berra und Kollegen haben 25 Familien und 176 Kinder aus dem Darwin-Wedgwood-Familienclan unter die Lupe genommen und bestätigten, dass es einen Zusammenhang zwischen größerer verwandtschaftlicher Nähe der Eheleute und höherer Kindersterblichkeit gibt.

In Österreich sind - so wie in den meisten Ländern - Vetternehen erlaubt, in Korea, den Philippinen und in vielen Balkan-Ländern hingegen verboten. Vor allem in manchen islamischen Ländern wiederum gilt sie als die bevorzugte Form der Heirat.

Möglicherweise könnte die Vetternehe auch Vorteile bringen, behaupteten kürzlich zwei Forscher in einer Simulationsstudie im "Journal of Community Genetics" (Bd. 1, Nr.1). Gerade in eher kleinen Bevölkerungsgruppen geht die genetische Vielfalt im Laufe der Generationen durch sogenannte "genetische Drift" immer mehr verloren: Genvarianten verschwinden dadurch aus der Population.

Wenn jedoch konsequent Cousins und Cousinen heiraten, dann bleibt die genetische Vielfalt viel besser erhalten - was hilft, wenn man sich an wechselnde Lebensumstände anzupassen hat. (Klaus Taschwer/DER STANDARD, Printausgabe, 4. 5. 2010)