Bild nicht mehr verfügbar.

Arbeiter an einem Strand in Pass Christian.

Foto: AP/Martin

Bild nicht mehr verfügbar.

Ein Hilferuf an Obama auf einem Straßenschild in Boothville.

Foto: AP/Breed

Bild nicht mehr verfügbar.

Am Montag wurden erste tote Fische an Land gespült. Ob sie durch das Öl starben, war noch unklar.

Foto: AP/Dave Martin
Foto:

Die Skepsis steht Clayton Mareno ins Gesicht geschrieben. "So richtig weiß doch keiner, was er tun soll" , sagt der Garnelenfischer aus Boothville, einem unscheinbaren Städtchen im Mississippidelta. Mareno meint sowohl BP, den britischen Ölkonzern, als auch die Regierung in Washington. "Die Jungs mit den Krawatten, die sind doch völlig überfordert."

Vielleicht liegt es an seiner Familiengeschichte, dass er großen Organisationen grundsätzlich misstraut: Einen seiner Urgroßväter verschlug es irgendwann nach Dauphin Island, eine Insel vor der Küste Alabamas. Er war Pirat. Ein zweiter Opa ließ sich am Mississippi nieder, um Alligatoren zu jagen. "Federfuchsern kannst nichts glauben" , umreißt der Fischer seine Lebensmaxime. "Was sie uns heute erzählen, kann morgen schon ganz anders sein."

Es ist keine Einzelstimme, die Skepsis hat ihren Grund. Das Desaster im Golf von Mexiko wurde zunächst von allen Seiten heruntergespielt, nicht nur von British Petroleum, auch vom Weißen Haus. Technische Lösungen zum Stoppen des Öls wurden diskutiert und wieder verworfen.

Am Montag, fast zwei Wochen nach der Explosion auf der Bohrinsel Deepwater Horizon, stellte BP seinen neuesten Ansatz vor. 74 Tonnen schwere Konstruktionen aus Beton und Metall sollen über die Quelle gestülpt werden. In ihnen soll das Öl aufgefangen und dann über Rohre zu einem schwimmenden Tanker geleitet werden. Fünf bis acht Tage, schätzt BP-Chef Tony Hayward, kann es dauern, ehe das Notsystem den Betrieb aufnehmen wird. Ob es funktioniert, wagt im Augenblick niemand zu sagen.

"BP ist verantwortlich, BP zahlt die Rechnung" , gab Präsident Barack Obama als Devise aus, als er am Sonntag zum Blitzbesuch im regennassen Delta einschwebte und ein möglicherweise "noch nie da gewesenes Umweltdesaster" beklagte - für das der amerikanische Steuerzahler jedenfalls "nicht zur Kasse gebeten" werde. Janet Napolitano, Ministerin für Heimatschutz, bestätigte tags darauf vage Hochrechnungen, nach denen sich der Schaden am Ende auf viele Milliarden Dollar beläuft. "Der Markt rechnet mit einem Schaden von 14 Milliarden Dollar für BP" , hieß es einem Marktkommentar von Goldman Sachs (rund 10 Mrd. Euro). Allein für die Reinigung würden laut Experten sieben Milliarden Dollar benötigt. Damit wäre diese Ölpest die teuerste Ölkatastrophe aller Zeiten.

Kritik an Regierung

"Die Summen addieren sich, von Stunde zu Stunde wird es teurer" , sagte Napolitano dem Fernsehsender ABC - auf eine Summe wollte sie sich nicht festlegen. Man werde BP jedenfalls kräftig zur Kasse bitten. Innenminister Ken Salazar betonte: "Wir sitzen BP täglich im Nacken." BP kündigte am Montag an, "alle nötigen und angemessenen Kosten für die Reinigung" zu übernehmen. Rein juristisch hat die Kabinettsriege recht: Der britische Konzern trägt die alleinige Verantwortung für das Ölleck. Politisch muss sich Obamas Team allerdings zunehmend Kritik gefallen lassen. Zu spät erkannte es die Ausmaße des Unglücks. Erst als der Ölteppich die Küste Louisianas, die Strände Mississippis, Alabamas und Floridas bedrohte, wurde man wach. Am Montag mussten auch die Fischer ihre Netze einziehen: Der Fischfang im betroffenen Gebiet ist bis auf weiteres verboten.

Obama hat inzwischen seinen Krisenmanager vor Ort ausgetauscht: Die Fäden im Katastrophenstab an der Golfküste laufen nun bei Admiral Thad Allen zusammen, dem Kommandeur der US-Küstenwache. Mary Landry, Chefin der lokalen Coast Guard, die bis dahin am Ruder war, hatte zu oft lobende Worte für die Bemühungen von BP gefunden. (Frank Herrmann/DER STANDARD-Printausgabe, 4.5.2010)