An den heimischen Universitäten herrscht ein Gemurkse. Zu viele junge Menschen wollen studieren. Dazu kommt der Andrang deutscher Numerus-clausus-Flüchtlinge. Also befindet die Regierung, dass der Notfall die Regel sein soll und sich die Unis Zugangsbeschränkungen verpassen dürfen, um die unerwünschten Studenten sieben und abweisen zu können.

Es ist schon seltsam: Keiner freut sich darüber, dass so viele junge Menschen ein Studium beginnen wollen. Der Akademikermangel ist kein Thema mehr. Die Hochschulpolitik gerät zum Abwehrkampf.

Es ist keine Rede davon, dass man das Betreuungsverhältnis verbessert, dass man investiert und die Ressourcen verstärkt, überlegt wird ausschließlich, wie man die Zahl der Studierenden den (schlechten) Betreuungsverhältnissen an den Unis anpassen kann: mit Aufnahmetests. Es ist schon richtig, dass derzeit mehr Leute Publizistik studieren wollen, als der Markt an Jobs im engeren Bereich bereithält. Aber ein freier Hochschulzugang bedeutet eben auch, dass junge Menschen das studieren können, wofür sie sich ernsthaft interessieren, unabhängig davon, ob sie nachher einen fixen Platz in ihrem Lieblingsberuf finden oder woandershin ausweichen müssen.

Wenn die Politik die Universitäten in Zugangsbeschränkungen und Aufnahmsprüfungen treibt, prolongiert sie das Gemurkse und erhebt die Bildungsdefensive zum Prinzip. (Michael Völker, DER STANDARD, Printausgabe, 4.5.2010)