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Die Opposition will die geltende Gemeindewahlordnung von 1996 reformieren. Die absolute Mehrheit der Mandate soll nur bei einer ebensolchen Stimmenmehrheit erlangt werden können.

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Wien - Die Chefs der drei Wiener Oppositionsparteien ÖVP, Grüne und FPÖ haben sich am Dienstag in einem offiziellen Notariatsakt verpflichtet, nach der Wien-Wahl im Oktober gemeinsam eine Reform des derzeit mehrheitsfördernden Wahlrechts zu initiieren. Bringen würde das allerdings dann nur etwas, sollte die SPÖ ihre Absolute verlieren. Denn nur dann würde die Reform auch durchgehen. Künftig soll damit verhindert werden, dass eine Partei mit weniger als 50 Prozent der Stimmen eine absolute Mandatsmehrheit erlangt - was bei den vergangenen beiden Wahlgängen bei der SPÖ der Fall war.

"Wir sind sehr unterschiedliche Parteien"

Hochoffiziell unterschrieben VP-Chefin Christine Marek, die grüne Klubobfrau Maria Vassilakou und FPÖ-Frontmann Heinz-Christian Strache eine gleichlautende Verpflichtungserklärung - allerdings in den jeweils eigenen Klubs, ohne dem anderen unter die Augen treten zu müssen. "Wir sind sehr unterschiedliche Parteien", begründete Vassilakou das gemeinsame Agieren auf Distanz. Sie wolle jedenfalls nicht gemeinsam mit Strache an einem Tisch sitzen, zeigte sich die Grüne resolut. "Manche haben eben nicht die demokratische Größe", so die Replik des FPÖ-Chefs.

Opposition für Wahlrecht wie im Nationalrat

Ungeachtet derlei Spitzen ist das gemeinsame Ziel, die geltende Gemeindewahlordnung von 1996 zu reformieren - derzeit die mehrheitsförderndsten Form des Wahlrechts in Österreich. So erlangte die Wiener SPÖ bei der Wahl 2001 mit 46,9 Prozent der Stimmen 52 von 100 Sitzen im Landtag, bei der Wahl 2005 mit 49,09 Prozent sogar 55 Mandate. Die Wiener Opposition möchte sich nun bei ihrer angestrebten Reform am Wahlrecht des Nationalrats orientieren, wonach eine absolute Mehrheit der Mandate nur bei einer ebensolchen Stimmenmehrheit erlangt werden kann.

Laut Verpflichtungserklärung soll das neue Wahlrecht gewährleisten, "dass die Anzahl der Mandate einer Fraktion im Wiener Gemeinderat möglichst genau ihrem prozentuellen Stimmenergebnis entspricht." Dazu soll ein zweite Ebene der Mandatszuteilung eingezogen werden, die nach dem sogenannten d'Hondt'schen System erfolgt. Die im ersten Schritt erreichten Grundmandate werden bei dieser Zuteilung dann den im zweiten Schritt errechneten Sitzen einer Partei abgezogen.

Beschluss nach der Gemeinderatswahl

Dieses gemeinsame Ziel wollen die jetzigen Oppositionsparteien mit einer etwaigen gemeinsamen Mehrheit nach dem 10. Oktober auch dann verwirklichen, falls eine von ihnen dann in eine Koalition mit der SPÖ gehen sollte: "Nach der Wahl zum Wiener Gemeinderat 2010 soll unabhängig von einer etwaigen Stadtregierungsbeteiligung durch Einbringung und Beschluss eines entsprechenden Initiativantrags die gegenständliche Wahlrechtsreform beschlossen werden."

Pönalen sind bei einem Bruch der Vereinbarung nicht vorgesehen. Der moralische Druck soll nach Ansicht der Unterzeichner ausreichen. "Wenn da eine Partei ausscheren würde, wüsste jeder Bürger, was er in Zukunft von deren Versprechen zu halten hat", so Strache zuversichtlich.

SP-Absolute als "künstliches Produkt"

"In Wahrheit ist Bürgermeister Häupls 'Absolute' ein künstliches Produkt und durch eine echte Stimmenmehrheit der Wähler nicht legitimiert", begründete Marek ihr Engagement in der Sache. Für sie seien auch andere Punkte denkbar, bei denen man sich gemeinsam einige könne, zeigte sich Vassilakou offen für weitere Schritte. "Das ist der kleinste gemeinsame Nenner", so hingegen FP-Chef Strache. Wenn sich die anderen Parteien jedoch von weiteren Vorschlägen der Freiheitlichen überzeugen ließen, sei man offen für weitere Schritte.

"Hauptsache gegen die SPÖ"

"Hauptsache gegen die SPÖ" laute offensichtlich das Motto der Wiener Opposition, zeigte sich SP-Landesparteisekretär Christian Deutsch ob dieser Tatsache überrascht: "Die Wiener Opposition packelt ohne Genierer." Dass die ÖVP vor nichts zurückschrecke, um Wien zu schaden, sei keine Neuigkeit, aber "dass sich die Wiener Grünen mittlerweile völlig hemmungslos an Strache ranmachen, muss nun selbst dem loyalsten Grünanhänger sauer aufstoßen." Man biete allen enttäuschten Sympathisanten gerne eine neue politische Heimat, warb Deutsch um Überläufer. (APA/red)