Das düstere Räumchen ist zur Gänze Musiktheaterbühne, und das erschienene Publikum ist somit ein von der Story auf dieser Bühne hin und her bewegter Teil von Ereignissen, die sich als kleine lichterhellte, intensive Szenen sanft durch den Raum bewegen:

Es geht in Der polnische Orpheus, einer Produktion von Zoon im 3raum-Anatomietheater, um vieles: um Chopins Herz etwa, das seit 1849 in Warschau in einem Glas Cognac aufbewahrt wird und zur Zeit des Nazi-Generalgouverneurs Hans Frank verschwindet. Es geht auch um die Geschichte der Pianistin Ludmila Berkwic.

Es geht aber vor allem auch um diesen Herrn Frank, der nicht sofort in dieser enigmatisch-charmanten Produktion auftaucht, jedoch dann umso deutlicher ihr Zentrum zu bilden beginnt. Wie auch nicht? Man erlebt die Studie über einen gefährlichen und zugleich lächerlichen Narzissten, der sich in Kunstsinnigkeit und Distinguiertheit hüllt. Die mörderische Kälte einer despotischen Figur (gepaart mit ihrer zumindest vordergründigen Feinsinnigkeit) ergibt hier einen historisch verbürgten Charaktertypus, der nach wie vor ratlos zurücklässt und hier theatral intensiv zur Geltung kommt.

Umrahmt wird das Ganze von Musik, die Chopins rhythmische Werkstruktur durch einen Schlagzeuger umsetzen lässt, und auch durch Klavierwerke, die Chopin nach seinem Tod dem Medium Rosemary Brown diktiert haben soll. Sehenswert. (toš, DER STANDARD/Printausgabe, 05.05.2010)