Wer hätte das gedacht? Einst als monetäre Hardliner-Trutzburg verschrien, sind die letzten Falken im Euro-Tower offenbar ausgeflogen. Anders sind die letzten Ereignisse nicht zu erklären: Erst verlängerte die Notenbank die als Ausnahmezustand konzipierte Annahme qualitativ mittelklassiger Anleihen zur Besicherung von Ausleihungen, dann lockerte sie auch noch den Sicherheitenkatalog kräftig. Griechische Staatsanleihen können nun unabhängig von der Bonitätsstufe bei den Währungshütern deponiert werden.

Praktisch für die Banken und Hellas: Erstere können um ein Prozent Geld in Frankfurt aufnehmen und es in hochverzinste Ramschanleihen Athens stecken, die dann in Frankfurt als "Sicherheit" gelagert werden. Das Risiko trägt die Notenbank und somit alle Bürger der Eurozone. Möglicherweise war das erst der Anfang: Was die EZB Griechenland gewährt, wird sie Portugal und anderen Wackelkandidaten der Währungszone nicht verwehren können.

Wer einst in der Institution den ideologischen Rechtsnachfolger der Deutschen Bundesbank sah, wird heute eines Besseren belehrt. Die EZB steht mittlerweile mehr für Drachmen, Escudos, Lire und Peseten als für die D-Mark. Erst hebelten die Eurostaaten das Bailout-Verbot aus, nun mutieren auch noch die Währungshüter zur Club-Med-Bank. Politische Unabhängigkeit und Stabilitätsprinzipien werden damit über Bord geworfen. (DER STANDARD, Printausgabe, 5.5.2010)