Wien - Die Burka, die von manchen Musliminnen getragen wird, ist keine islamische Sache, sondern "Teil der Tradition mancher Gruppen, teilweise aus prä-islamischen Zeiten", sagte Ekmeleddin Ihsanoglu, Generalsekretär der Organisation der Islamischen Konferenz (OIC), am Mittwoch in Wien. Selbst bei der islamischen Pilgerfahrt Haj (Hadsch) seien Frauen verpflichtet, ihr Gesicht zu zeigen.

Freiheit für alle

Aber das ändere nichts daran, dass es in Europa einen seltsamen Trend zu Verboten gebe, vor allem wenn der Islam betroffen ist. Europa habe die "für 1,5 Milliarden Muslime beleidigenden" dänischen Mohammed-Karikaturen mit Hinweis auf die Meinungsfreiheit verteidigt. Wenn Freiheit aber so sakrosankt sei, dann müsse diese auch gelten, wenn Frauen das Bedürfnis haben, ihr Gesicht zu bedecken.

Vergleich mit Antisemitismus

"Die Islamophobie in Europa nimmt zu" stellt Ihsanoglu fest. Dabei müsse sich Europa an den Gedanken gewöhnen, inzwischen Heimat für MuslimInnen zu sein - und nicht nur Gastland. Ihsanoglu vergleicht den Umgang mit Muslimen direkt mit dem Umgang mit Juden in den 1930er Jahren und den Anfängen des damaligen Antisemitismus. "Das gleiche erleben jetzt die Muslime", sagt Ihsanoglu.

Europäischer Islam

Ihsanoglu betonte, es gebe religionswissenschaftlich gesehen nur einen Islam. Allerdings werde er in unterschiedlichen Gesellschaften unterschiedlich gelebt. Gerade im Einflussbereich des osmanischen Reiches, etwa am Balkan, gebe es eine Tradition zu einer liberalen Auslegung und eine jahrhundertelang friedliche Koexistenz mit Christen und Juden. In Sarajevo wurden alle aktuellen Kirchen und Synagogen erst in der Zeit der Osmanen gebaut, sagte Ihsanoglu. In diesem Sinne gebe es wohl einen "europäischen Islam". (APA)