Bundespräsident Heinz Fischer gedachte in der Loge, unten im Saal wandte sich Parlamentspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) eindringlich gegen rechtsextreme Parolen.

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Wien - "Warum müssen wir das ausgerechnet zu dieser Jahreszeit machen?", fragt eine junge Stimme aus dem Off. Mittwochvormittag im historischen Sitzungssaal des Parlaments: Das offizielle Österreich gedenkt anlässlich des 5. Mai, des Jahrestages der Befreiung des Konzentrationslagers Mauthausen, um Gewalt und Rassismus von heute eine Absage zu erteilen. Vom Bundespräsidenten und Kanzler abwärts sind auch Regierungsmitglieder und Abgeordnete sowie Bundesräte und Botschafter gekommen.

Alles blickt auf die Leinwand, auf der gerade eine Schülergruppe unweit des ehemaligen KZ Mauthausen durchs Schneegestöber stapft. Auf der Suche nach Spuren der "Mühlviertler Hasenjagd" , jener braunen Hetze unter Beteiligung der Bevölkerung im Februar 1945, im Zuge derer mehr als 500 sowjetische Gefangene ermordet wurden, die den Ausbruch aus dem Lager gewagt hatten.

Bei ähnlichen Witterungsverhältnissen wie einst haben drei oberösterreichische Schulklassen sowie Lehrlinge der ÖBB die Arbeit für das NS-Aufarbeitungsprojekt aufgenommen. Zu Filmende erklären sie, was sie davon mitnehmen: dass Unmenschlichkeit beim Mobben eines Schülers beginnt. Dass sich selbst in Zeitungen oft rassistische Formulierungen finden. Und dass sich damals viele wohl aus Feigheit und mangelnder Zivilcourage zu Mitläufern und damit zu Mittätern gemacht haben.

Stille im Saal. Parlamentspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) tritt ans Rednerpult. Sie wendet sich gegen "Vorkommnisse des letzten Jahres" . Gedenkstättenschändungen, Schmieraktionen sowie Ausgrenzung und Hetze. Und sie erklärt: "Rechtsextremismus ist keine politische Meinung. Rechtsextremismus ist ein offener Angriff auf die Menschenrechte und die Demokratie." Gerade "in wirtschaftlich instabilen Zeiten" könnten solche Parolen "auf fruchtbaren Boden fallen".

Als Ehrengast spricht der frühere polnische Außenminister Wladyslaw Bartoszewski, selbst Auschwitz-Überlebender. Er erinnert an "das Werk der Bestien" aus der "Leichenberge und Menschenasche" hervorgingen. Und appelliert, sich auch an jene zu erinnern, die weggeschaut haben, denn: "Gleichgültigkeit ist die größte Sünde."

Auch der Zweite Nationalratspräsident Fritz Neugebauer (ÖVP) spricht ein paar Worte, dankt den Pädagogen, die die Geschichte mit der Jugend aufarbeiten. Der Dritte Nationalratspräsident Martin Graf (FPÖ), Mitglied der rechtsextremen Burschenschaft Olympia, den auch SPÖ und ÖVP mit ihren Stimmen ins Amt gehievt haben, schweigt an diesem Tag. Auch er sitzt in der ersten Reihe. (Nina Weißensteiner, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 6.5.2010)