Rom - Der Korruptionsskandal, der Italiens Industrieminister Claudio Scajola am Dienstag zum Rücktritt gezwungen hat, setzt die Regierungspartei Popolo della Liberta (PdL/Volk der Freiheit) um Ministerpräsident Silvio Berlusconi ziemlich unter Druck. In den Sog der Affäre geriet jetzt auch der nationale PdL-Koordinator Denis Verdini, gegen den die römische Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen mutmaßlicher Korruption einleitete.

Verdini werden Verflechtungen mit dem skandalumwitterten Bauunternehmer Diego Anemone und mit dem ebenfalls bereits in Untersuchungshaft gesteckten Spitzenbeamten im staatlichen Auftragswesen, Angelo Balducci, vorgeworfen. Verdini wird der Korruption bei der Vergabe öffentlicher Aufträge im Zusammenhang mit dem Bau einer Solaranlage auf Sardinien verdächtigt.

In Florenz wurde am Mittwoch der Sitz der Bank "Credito Cooperativo Fiorentino" durchsucht, in der Verdini das Amt des Präsidenten bekleidet. Der PdL-Koordinator wird beschuldigt, Unternehmern gegen Zahlung von Schmiergeldern öffentliche Bauaufträge zugeschanzt zu haben. Ermittlungen laufen auch gegen den Geschäftsmann Flavio Carboni, der angeblich in dem Mord am Banker Roberto Calvi verwickelt ist, sowie gegen einen Richter.

Premierminister Berlusconi reagierte empört auf die Ermittlungen gegen Scajola und Verdini. Im Gespräch mit seinen Vertrauensleuten sprach er von einem "Komplott", um ihm politisch zu schaden und die Regierung zu stürzen. "Scajola hat einen schwierigen Beschluss gefasst, was sein Verantwortungsbewusstsein bezeugt. Der ganze Ministerrat schätzt seine Arbeit, wir verlieren einen sehr kompetenten Minister. Er wird bestimmt seine Unschuld beweisen", sagte Berlusconi.

Der Premierminister betonte, er werde vorerst keinen Nachfolger für Scajola suchen, sondern selbst das Industrieministerium führen. Es könne auch einige Monate dauern, bis er einen neuen Industrieminister ernennen werde. Berlusconi erklärte, er wolle sich persönlich um das Thema Atomenergie kümmern, mit dem sich Scajola während seiner Amtszeit befasst hatte.

Arbeitsminister Maurizio Sacconi versicherte, dass sich Scajolas Rücktritt nicht negativ auf die Stabilität der Regierung auswirken werde. "Scajola wird seine Unschuld beweisen", versicherte Sacconi. Die Oppositionspartei Italien der Werte meinte, die Regierung müsse zurücktreten, sollten andere Minister in den Sumpf des Korruptionsskandals geraten. (APA)