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Goodluck Jonathan wurde am Donnerstag als Präsident von Nigeria angelobt. Der "glückliche Jonathan" amtierte bereits zuvor als Staatschef, nachdem Vorgänger Yar'Adua erkrankte.

Foto: AP Photo/Jose Luis Magana

Abuja/Nairobi - Die Zeremonie war kurz und unprätentiös: Ein Imam und ein Priester sprachen kurze Gebete, dann vereidigte Nigerias oberster Richter Goodluck Jonathan als neuen Präsidenten. Nur einige ausgewählte Spitzenpolitiker und Botschafter sahen zu.
Knapp zwei Monate, nachdem er das Amt kommissarisch übernommen hat, ist Goodluck Jonathan damit nun auch offiziell Nigerias Staatschef.

Sein Vorgänger Umaru Yar'Adua, der bisher immer noch einen theoretischen Anspruch auf Rückkehr hatte, war am Mittwochabend gestorben und wurde am Donnerstag in seiner Heimatstadt Katsina beerdigt. Seit er das Land im November zur Behandlung einer Herzerkrankung verließ, war er nicht mehr in der Öffentlichkeit gesehen worden. Während die Medien über die Art der Erkrankung und einen angeblichen Hirntod Yar'Aduas spekulierten, verhinderten enge Verbündete des aus dem muslimischen Norden stammenden 58-Jährigen zunächst die Amtsübernahme des Christen Jonathan als Interimschef. Erst Druck der mächtigen Gouverneure bereiteten dem Machtvakuum ein Ende.

Die Erwartungen sind nun riesig. Nachdem Yar'Adua, der wegen seiner Unentschlossenheit den Spitznamen Baba Go-Slow (etwa: Papa Reformstau) erhielt, kaum eine Reform auf den Weg gebracht hat, soll Jonathan alles zugleich richten. Dass der früher oft als blass getadelte Jonathan entschlusskräftiger ist als sein Vorgänger, hat er bereits bewiesen: Er entließ 25 Minister und ernannte ein Kabinett, in dem junge Technokraten wie der Ex-Banker Olusegun Aganga, jetzt Finanzminister, den Ton angeben. In Nigerias von Pfründen und Korruption gekennzeichneter Politik gilt das als kleines Wunder.
Jonathan entließ den als hochgradig korrupt geltenden Chef der Wahlkommission, Maurice Iwu, und den ebenso umstrittenen Direktor der staatlichen Ölgesellschaft. Auch leitete er gegen den Vorsitzenden seiner eigenen Regierungspartei ein Verfahren wegen Unterschlagung ein.

Nachfolger gesucht

Jonathans größtes Handicap ist die Zeit: 2011 stehen Wahlen an - wenn das Wahlrecht tatsächlich reformiert wird, womöglich schon im Jänner. Dass Jonathan antritt, gilt als unwahrscheinlich. Denn eigentlich ist auch die kommende Wahlperiode einem Muslim aus dem Norden zugedacht.

Ein ungeschriebenes Verfassungsgesetz sieht einen regelmäßigen Wechsel zwischen Christen und Muslimen in dem mehrheitlich islamischen Land vor. Hinter den Kulissen wird bereits um das Amt gekämpft. Zu denen, die ihren Hut in den Ring geworfen haben, gehört Ex-Militärherrscher Ibrahim Babangida. Ausgerechnet eine Entscheidung Jonathans könnte den Ausschlag in dem Machtkampf geben, der um seine Ablöse geführt wird. In den kommenden Tagen wird Jonathan seinen Vize ernennen: Wer immer die Position übernimmt, hat beste Chancen, sich bis zur Wahl zu profilieren. (Marc Engelhardt, DER STANDARD, Printausgabe, 7.5.2)