Der 6. Mai 2010 wird FDP-Chef Guido Westerwelle in schmerzhafter Erinnerung bleiben. Es ist der Tag, an dem sein Traum von der großen Steuersenkung für die Deutschen endgültig geplatzt ist. Die Zahlen der Steuerschätzer lassen wenig Interpretation zu: Deutschland, das ohnehin auf einem gigantischen Schuldenberg sitzt, fehlen in den nächsten drei Jahren 40 Milliarden Euro.
Wer angesichts dieser Steuerausfälle und der Griechenlandhilfen, die Berlin am Freitag auf den Weg bringt, noch massive Entlastungen fordert, der macht sich selbst zum Narren und verhöhnt das Volk. Nicht dass ab Montag deutsches Steuergeld direkt nach Athen fließt - Berlin bürgt ja „nur" für Kredite. Aber Griechenland ist abschreckendes Beispiel dafür, was passieren kann, wenn man seinen Haushalt nicht in Ordnung bringt. Das haben viele Bürger begriffen, die FDP tut sich noch etwas schwer.
Es ist natürlich auch nicht einfach für sie. Ihren Aufstieg verdankt sie der seit Jahren vorgetragenen Beschwörungsformel von der großen Steuersenkung, der Verheißung, dass sich nahezu jedes Problem Deutschlands lösen werde, wenn den Steuerzahlern nur endlich „mehr Netto vom Brutto" bleibt. Jetzt muss sich die FDP ein neues Thema suchen. Als Regierungspartei muss man dann ja auch einmal etwas weiterbringen. Engagement für ein einfacheres und durchschaubareres Steuersystem böte sich an. Das hat auch mit Steuern zu tun, kostet aber viel weniger.(Birgit Baumann, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 7.5.2010)