Im Juni wollen die deutschen Ministerpräsidenten ein neues Modell der Rundfunkgebühr beschließen. Donnerstag erhielten sie offiziell das Gutachten des deutschen Verfassungsrechtlers Paul Kirchhof als Basis. Es empfiehlt einen "Rundfunkbeitrag" für alle Haushalte statt der von Empfangsgeräten abhängigen Rundfunkgebühr. Er begründet die "Beitragslast mit dem strukturellen Vorteil, den die Allgemeinheit und damit jedermann aus dem Wirken der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zieht."
"Das Empfangsgerät ist ein ungeeigneter Anknüpfungspunkt", schreibt der Verfassungsrechtler: "Ein leicht bewegliches Gerät lässt sich kaum mehr verlässlich einem Haushalt zuordnen". PC und Handy seien "zum Alltagsmedium für den Empfang von Radio- und Fernsehprogrammen geworden".
Kirchhof rät, "die Wirkung der Rundfunkprogramme als allgemein zugängliche Quellen individuellen und öffentlichen Wissens, Meinens, Erlebens und Freizeitgestaltens" zu werten, statt individuelle Nutzung zu prüfen.
Neben sozialen Befreiungen empfiehlt Kirchhof Ausnahmen nur bei fehlendem Empfang in Funklöchern oder langem Auslandsaufenthalt. Kein Empfangsgerät reiche dann nicht, findet er.
Werbefreiheit empfohlen
Einzelne Ministerpräsidenten wie jener Schleswig-Holsteins begrüßten das Gutachten. Ein Sprecher von Medienstaatssekretär Josef Ostermayer indes erinnert an dessen Aussage: Nur wer ORF sehen kann, soll auch zahlen müssen. Das deutsche Gutachten werde man aber prüfen.
Es empfiehlt auch, "auf Werbeeinahmen und Sponsoring bei Eigenproduktionen zu verzichten, damit seine Unabhängigkeit von Privatwirtschaft und Markt deutlicher hervorhebt". Dafür plädiert auch Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) - im Gegensatz zur SPÖ. (Harald Fidler, DER STANDARD; Printausgabe, 8.5.2010)